Die sieben Frauen.

Pipin, der Sohn Karls des Großen, beschenkte nach den Siegen über die Heiden seine Helden fürstlich. Und so erhielt der freie Mann Engelschalk nebst der Adelswürde einen großen Sorst ob Scheifling zu Lehen. Und dort ließ Engelschalk sich die Burg Stein aufführen und bewohnte sie mit seinem Sohne und sieben Töchtern eine Reihe von Jahren.

Als nun der Vater starb und der Bruder in den Krieg zog, waren die sieben Schwestern allein daheim. Die Schönheit derselben war so bekannt, daß sich die Schar der heiratslustigen Adeligen in der Burg Stein täglich mehrte. Aber keine der Schwestern wollte die erste Besiegte sein und sie schickten die Freier herzlos in die Welt zu den verrücktesten Abenteuern. Eines Tages Kam ein Mischer Ritter. Er war bezaubert von den unwiderstehlichen Reizen der Burgfräuleins. Diese unterhielten ihn bis in die Nacht hinein mit Saitenspiel und Tanz, wie sie ihm auch die feurigsten Weine in überreichem Maße kredenzten. So warf er sich Gisela, der schönsten, aber auch eisigsten der Schwestern zu Füßen und gestand ihr seine erste Liebe. Höhnisch erwiderte Gisela dem Ritter: "Wie könnt ihr euch unterstehen, von Liebe zu sprechen? Beweiset durch Taten, daß ihr der Liebe der Töchter von Stein wert seid! Wenn ihr dem Mond um die Hörner eine Kette werfet und dieses Nachtgestirn ewig an den Felsen dieser Burg zu fesseln vermöget, dann fraget euch wieder um Bescheid an!"

Hierauf zogen sich die gleichgesinnten Schwestern in ihre Kemenaten zurück.

Im Ritter verwandelte sich die heiße Liebe in furchtbare Rache. Er ging aus dem Saal und verbarg sich in der Turmtreppe, wo er seine Rachepläne schmiedete. Die Nacht war warm und hell. Da sah er, ins Nachtgewand gehüllt, Gisela durch den Burghof und dann durch ein Pförtlein in den Garten gehen. Der Ritter schlich ihr sosort nach, übte seine Rache aus und sprengte dann von der Burg sort. Gisela stürzte mit zerrauften Haaren zu ihren Schwestern und erzählte diesen von der Rachetat des Ritters. Da schMuren die Schwestern von Stein den furchtbaren Eid, alle Männer zu hassen. Die sieben Frauen ließen nun auf einem steilen Felsen eine Burg bauen, in welcher sie dann gänzlich zurückgezogen lebten. Dieses Schloß erhielt nach ihnen den Namen Frauenburg.

Giselas Sohn holte sich in den Schlachten des Kaisers die Rittersporen. Er Murde nach Absterben der sieben Schwestern der Besitzer der Burg und der Stammvater der längst ausgestorbenen Ritter von Frauenburg, die als Wappen den an den Hörnern gefesselten Mond führten.
(Schmutz, Eine sagenreiche Wanderung 15.)

Quelle: Burgsagen aus Steiermark, P. Romuald Pramberger, Seckau 1937, S. 48.
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