Der Schratl beim Linegger

Beim Linegger am Lineck, dort, wo in der alten Hauskapelle die große, holzgeschnitzte Christusfigur steht, die einst von einem Vorfahren zur Osterzeit aus den Fluten der hochwasserführenden Mur gezogen worden sein soll, ist früher auch ein Schratl gewesen.

Er hat mit einem luckerten (löchrigen) Gefäß mehr Wasser vom Brunnen ins Haus tragen können, als der Knecht mit einem ganzen Eimer.

Auch beim Brotbacken hat der Schratl der Magd geholfen. Niemand hat aber dabei zuschauen dürfen, wenn der Schratl in den Teig hineingemacht hat, bevor er ihn knetete. Deshalb hat er nur in der Nacht das Brot gebacken. In der Früh hat dann die Magd nur die fertigen Brotlaibe aus dem Backofen holen brauchen.

Der Linegger hat das beste Brot weit und breit gehabt.

Die Bäuerin ist neugierig gewesen, wie die Magd ein so gutes Brot hat fertiggebracht, und an einem späten Abend hat sie durch das Schlüsselloch in die Backstube geschaut.

Da hat sie ein kleines Manderl aufgeregt hin- und herspringen gesehen und dabei rufen gehört:

„Ich gacke nicht! Ich backe nicht! Es gucket wer!“ Und von dieser Zeit an ist der Schratl nicht mehr im Haus gesehen worden.

Quelle: Volksmund 1995.
In: Annemarie Reiter (HG.), Grazer Sagen und Geschichten, Graz 1996, S. 150.