258. Markfutterhafer.

Von zwei kleinen Seen, im Volksmunde „schwarze Lackn“ genannt, von denen der eine sich auf einer beträchtlichen Höhe des Zinken, der andere am Wege vom Bremstein gegen die Hochalpe ob Seckau befindet, erzählt man fast ohne merklichen Unterschied folgende Sage:

„Zwischen Bruck bis Gaishorn lebte ein unbekannter Mann, der bald zu einem Bauern, bald zu einem Wirte kam, und eine bestimmte Menge Hafer begehrte; die ihm nach St. Michael, (nach einer andern Sage nach St. Stefan an der Mur) geliefert werden mußte. Schickte nun einer den geforderten Hafer, so fiel seine Ernte ungemein üppig und gesegnet aus, während die Ernte Desjenigen, der das Verlangte verweigerte, so schlecht ausfiel, daß er mehr Steine als Hafer vom Felde hätte erhalten können.

Man nennt in der Pfarre Mautern noch zwei Häuser, von denen das eine den guten, das andere den schlechten Erfolg erfahren hat.

Eines Tages band ein Bauer in der Pfarre Proleb diesen unbekannten Mann, den die Leute wegen seines Verlangens nach Hafer „Markfutterhafer“ hießen, aus Zorn über eine schlechte Ernte auf einen zweiräderigen Düngerkarren, wie selbe im Gebirge gebräuchlich sind. Hierauf bespannte er den Karren mit zwei ungelernten Stieren, welche mit ihm hinfahren sollten, wohin sie wollten. Um aber zu wissen, wohin sie fahren, schickte er einen Knecht nach. Dieser sah, daß die Stiere zu einer der obgenannten Lacken fuhren, und zwar neben derselben aufwärts, und daß sie dann rücklings den Karren in die Lacke hinein fallen ließen.

Der Karren kam dann später bei St. Michael, am Zusammenflusse der Liesing und der Mur, wieder zum Vorschein, und ist noch jetzt bei einem Bauern dieses Ortes zu sehen.

Dr. Richard Peinlich:
„Sammlung steirischer Sagen.“
(Handschrift.)

Quelle: Johann Krainz, Mythen und Sagen aus dem steirischen Hochlande, Bruck an der Mur 1880.
© digitale Version: www.SAGEN.at