262. Die Frauenlacke

Auf der Seetalalpe liegen mehrere Seen übereinander; einer davon heißt die Frauenlacke, so benannt nach den schönen Frauengestalten, die darinnen hausen im herrlichen Krystallpalaste, der am Grunde des Sees stehen soll.

Wenn ein schöner Jüngling in die Nähe der Frauenlacke kommt, so erscheinen ihm die wunderbaren Frauen. Sie sitzen auf grüner blumiger Wiese, in welche sich der Spiegel des Sees verwandelt, und kömmt der Jüngling auf der holden Frauen freundliches Winken in ihre Nähe, so weicht die Rasendecke, und er sinkt, von den schwellenden Armen der wunderbaren Jungfrauen umfangen, in die Tiefe des Sees. Da kann er dann immerwährend im glänzenden Glaspalaste an der Seite der herrlichsten Frauen sitzen, mit ihnen kosen und schäkern.

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Quelle: Johann Krainz, Mythen und Sagen aus dem steirischen Hochlande, Bruck an der Mur 1880.
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