Grabfrevel

Einst saßen in einem Gasthaus in Unternberg die Zecher lange über die Mitternachtsstunde beisammen und trieben wüste Späße. So verlangten sie von der Kellnerin, das Grabkreuz einer tags zuvor beerdigten Person vom Friedhofe zu holen und es ihnen zu bringen, wofür man ihr eine gute Belohnung in Aussicht stellte. Die Kellnerin ließ sich überreden, begab sich auf den Friedhof, zog das Kreuz aus dem Grabhügel und brachte es den in der Wirtsstube zechenden Gästen. Als sie es dann wieder zurücktrug und beim Grabhügel in die Erde stecken wollte, stieß sie unversehens auch ihre Schürze mit in den Boden. Kaum war dies geschehen, fiel sie vor Schreck um und war tot. So wurde die Freveltat bestraft.

Quelle: Michael Dengg, Lungauer Volksleben. Schilderungen und Volksbräuche, Geschichten und Sagen aus dem Lungau, Tamsweg 1913; neu bearbeitet von Josef Brettenthaler, Salzburg 1957, S. 141.