Die Glocke auf dem Dürrenberge
Jahrelang hausten im Innern des salzreichen Dürrenberges Bergmännlein, rüstig mit Krahl und Fäustel arbeitend, und mancher Häuer fand am Morgen seine Schicht gefördert. Als aber die Bergknappen mit frommen Sinne auf dem Berge ein niedliches Kirchlein erbauten und die Klänge des Glöckleins in dem Thurme zu Thal und Klüfte drangen, horchten die Gnomen mit erschrecktem Ohre auf die fremden Klänge, huschten ängstlich hin und her und zeigten sich desto trauriger, je länger des Glöcklein vom Thurme herab erklang. Als es endlich schwieg, trat ein Gnome an des alten Steigers Bett und sprach: "Wir müssen scheiden aus dem altgewohnten Hause, jaget uns doch aus ihm das Schallen eurer Glocke; denn, wenn wir auch Christus nicht feind sind, so dürfen wir ihn doch nicht ehren nach Christenart." Und als er so gesprochen, verschwand er auf immer mit all' den Seinen. Die Knappen des Dürrenberges aber beten noch heut zu Tage: "Laß, o Herr, auch bald die Gnomen deiner Gnade theilhaftig sein!"
Quelle: Dr. Storch, Volkssagen aus Salzburg, I, Bdch,
Salzburg 1853, 12, zit. nach Nicolaus Huber, Fromme Sagen und Legenden
aus Salzburg, M. Mittermüller Salzburg 1880, S. 110 - 111