Der Goldsand
Im Jahre 1753 ging Paul Mayr, ein ganz mittelloser Knecht, der beim Hofwirte in St. Zeno in Diensten stand, auf den Untersberg. Er mochte ungefähr die halbe Höhe des Berges erstiegen haben, da traf er unweit des Brunnentales eine Steinklippe, unter der ein Häuflein glänzenden Sandes lag. Er hatte schon so manches von Goldfunden auf dem sagenreichen Berge vernommen, daß ihm sofort der Gedanke kam, das Sandhäufchen könne nichts anderes sein als pures Gold. Rasch füllte er alle seine Taschen damit an und machte sich voll Freude auf den Heimweg. Aber im selben Augenblicke stand ein riesig großer Mann vor ihm, der ihn barsch anfuhr: "Was trägst du da?" Der erschrockene Knecht wußte nicht ein Wort hervorzubringen, sein unheimlicher Gegner aber wartete nicht lange. Er packte ihn mit festem Griff und leerte ihm alle Taschen aus, die drohende Warnung aussprechend: "Jetzt gehe nimmer den alten Weg zurück, sondern einen anderen, und sofern du dich hier wieder sehen lässest, wirst du nicht mehr lebend davonkommen! "
Der Knecht befolgte diesen Rat und ging heim. Allein, der Trieb nach Gold war in ihm erwacht. Trotz der Warnung beschloß er doch, den Sand noch einmal zu suchen. Mit einem ihm befreundeten Gesellen machte er sich auf den Weg, er erreichte glücklich die halbe Höhe des Berges wieder, aber so sehr auch beide ihre Augen anstrengten, sie fanden weder den Ort noch sonst ein Stäubchen des kostbaren Sandes mehr.
Quelle: R. von Freisauff, Salzburger Volkssagen,
Bd. 1, Wien/Pest/Leipzig 1880, S. 83 f, zit. nach Leander Petzold, Sagen
aus Salzburg, München 1993, S. 220.