WIE DAS GASTEINER GOLD AUFGEFUNDEN WURDE

Der Goldbergbau im Gasteiner Tal geht schon auf die Zeit der Illyrer zurück. Damals und noch später, zur Zeit der Römer, soll das edle Metall in den Hohen Tauern so häufig gewesen sein, daß man es nur eine Handspanne tief im Boden vorfand. Später kam der Gasteiner Bergbau fast zum Erliegen, bis er unter Erzbischof Leonhard von Keutschach (1495 bis 1519) erneut aufblühte und bis etwa 1600 seinen Höhepunkt erlebte.

Damals trug Hofgastein - ähnlich wie das benachbarte Rauris - den Namen das „Güldene Stadtl", und in beiden Tälern zusammen arbeiteten über 2000 Bergknappen.

Schließlich wurde die Ausbeute immer geringer; erst zwischen dem Ersten und Zweiten Weltkrieg kam der Goldbergbau in der Gastein endgültig zum Erliegen, obwohl im letzten Krieg (1939-1945) nochmals ganz kurz ein Versuch unternommen wurde, Gold zu schürfen. Der bekannte heutige Heilstollen in Böckstein ist einer der Reste davon.

Goldwäscher hingegen, die Flußgold aus der Salzach gewinnen wollten, waren auch bis vor kurzem an einigen Stellen im Pongau am Werk.

Es ist kein Wunder, daß sich daher auch die Volkssage lebhaft mit der Auffindung, dem Abbau, vor allem aber mit dem Verschwinden dieses edlen Metalls beschäftigt hat.

So erzählt man sich, ein Gamsjäger hätte einst stundenlang dem flüchtigen Wild nachgespürt. Schließlich sank er hoch oben im Gewand auf einem Felsband zu Tode ermattet zu Boden.

Plötzlich sah er im Strahl der Sonne etwas wundersam blitzen. Der Glanz kam aus einer Felsspalte, und als der Jäger tiefer in die Kluft einstieg, waren Boden und Wände mit purem Golde durchzogen. Immer weiter drang er in den Berg ein, und schließlich kam er auf der anderen Seite goldbeladen wieder zum Vorschein. Er eilte ins Tal zu den Seinen und war ein reicher Mann. Doch weil er Habsucht und Neid nicht kannte, zeigte er auch den Nachbarn den Glücksort. Von dieser Stunde an blühte der Bergsegen im Gasteiner Tal. –

Wieder eine andere Geschichte erzählt, wie der Unterhaitzingbauer in der Nacht aus dem Schlaf erwachte, weil er von der Straße her ein gar merkwürdiges Poltern und Klappern hörte. Er trat hinaus auf den Söller und gewahrte im hellen Mondlicht zwei Männlein in Bergmannstracht. Eines schaffte die groben Steine beiseite, das andere bestreute den also geglätteten Weg mit feinem Sand. Als die Zwerglein merkten, daß ihnen jemand zusehe, waren sie urplötzlich verschwunden.

Am Morgen darauf, als der Bauer den Weg näher besah, war dieser über und über mit körnigem Goldstaub bedeckt.

Ähnlich erging es einem Müller. Als er durch die nächtliche Klamm nach Hause wanderte, sah er etliche Männchen, die sich an Getreidesäcken zu schaffen machten, die neben der Straße aufgestapelt waren. Im Vorübergehen griff der Müller in einen der Säcke, um vom Korn eine Probe zu nehmen. Am Morgen war die Rocktasche seltsam schwer; zu seinem Erstaunen fand er statt des Getreides Goldkörner darin.

Am seltsamsten geschah es aber einem Jäger, der auf der Pirsch mitten in seinem Revier eine unbekannte mächtige Quelle fand. Er trank von dem eiskalten, kristallklaren Wasser und benetzte sich dabei den Bart. Wie groß war sein Erstaunen, als zu Hause, bei Einbruch der Dämmerung, seine Haare gar wundersam zu funkeln anfingen. Als er sich mit der Hand durch den Bart strich, bemerkte er, daß sich dieser in feinste Goldfäden verwandelt hatte.

Quelle: Josef Brettenthaler, Das große Salzburger Sagenbuch, Krispl 1994, S. 163.