Die Trud wird erlöst

Die Kellnerin beim Wirt zu Rauris hat oft über ihr Schicksal geweint, daß sie "drucken" gehen muß, denn sie war eine Trud. Sie hat auch das Kennzeichen einer solchen gehabt, ihr Fuß hatte unten keine Höhlung. Wenn sie in eine Kammer oder einen Stall als Trud "drucken" ging, so lehnte sie ihren Körper unterdessen außen an die Hauswand. An diesen durfte aber beileibe niemand anstoßen oder ihn umwerfen, denn dann hätte sie nimmer in ihren Körper hineingefunden und für immer eine Trud bleiben müssen. Da sie eine "sakrische Besdirn" (tüchtiges Mädchen) war, so tat sie jedem leid, und ein Bauer fragte sie einmal, ob ihr denn nicht zu helfen wäre. "Ja, wenn i a Roß dadrucken kunnt", erwiderte sie, "dann wär' mir g'holfen." "Das magst wohl toan", meinte der Bauer, der nicht daran glaubte. Richtig fand er am nächsten Morgen sein Roß tot im Stalle, und das Mädchen kam ihm zu danken, denn nun sei sie erlöst.

Quelle: Marie Andree-Eysn, Volkskundliches. Aus dem bayrisch-österreichischen Alpengebiet, Braunschweig 1910, Nr. 33, zit. nach Leander Petzold, Sagen aus Salzburg, München 1993, S. 180.