DIE RIESENKANNE

Aus dem Loferer Tal erhebt sich mit andern ein stattlicher Bergkopf, benannt das Pechhorn. Auf diesem steht der Sage nach eine silberne Riesenkanne, und diese ist voll geschmolzenen Goldes, welches bisweilen überfließt. Schade, daß sie samt ihrem Überfluß unsichtbar ist. Nur in heiligen Nächten und namentlich in der Sankt-Johannis-Nacht ist es Sonntagskindern vergönnt, diese Kanne zu erblicken; ihrer jedoch habhaft zu werden, dazu gehören ganz besondere Begabungen und wundersame Konstellationen. Noch niemals hat man vernommen, daß irgendein Sterblicher so glücklich gewesen sei, aus jener Kanne auch nur einen Becher voll des rinnenden Goldes zu gewinnen.


Quelle: Deutsche Alpensagen. Gesammelt und herausgegeben von Johann Nepomuk Ritter von Alpenburg, Wien 1861, Nr. 12