DR. MARTIN PEGIUS UND DIE KÖNIGIN VON SABA

Nicht lange nach dem Bekanntwerden der Erlebnisse des Lazarus Eigner (Gitschner) im Untersberge machte sich auch der später so unglückliche salzburgerische Rat Dr. Martin Pegius daran, eine Beschreibung des Untersberges zu verfassen. Aus derselben hat uns Dr. Johann Baptist Fickler, kurfürstlich bayrischer Rat, vor seiner Übersiedlung nach Bayern durch volle achtundzwanzig Jahre in salzburgerischen Diensten, in einer handschriftlichen »Salzburgerischen Chronik« Nachfolgendes überliefert:

Dr. Martin Pegius schildert unter anderem auch die Wunder des Untersberges, erzählt gar Seltsames von Bergmännleins und Bergfrauen, von Frau Venus und Gold und Edelsteinen. Das alles wäre sichtbar und von einem großen, Tageshelle ausströmenden Karfunkelstein beleuchtet. Er schreibt des weiteren von schönen Frauen, deren Häupter mit goldenen Kronen geschmückt wären. Namentlich eine zeichne sich vor allen übrigen aus, welche aus dem Geschlechte der Heiligen Drei Könige von Saba, nämlich aus Persien sei.

Diese Königin sei am Sonntag Reminiscere, den 19. Februar, gegen Salzburg zu des Dr. Pegius Ehefrau gekommen und habe von dieser begehrt, sie möge sich auf drei Jahre in den Berg »hinein versprechen«, dann wolle sie ihr so viel geben, daß sie ihr Lebtag reich und eine hochangesehene Frau sein würde. Frau Pegius habe jedoch nicht eingewilligt, sei aber gleichwohl in den Berg gekommen und dort vieler Wunderdinge ansichtig geworden.

Die Königin von Saba - so zweifelsohne der leidige Gottseibeiuns gewesen, wie Dr. Fickler meint - wäre später öfter in die Behausung der Pegius gekommen und hätte ihr viele Geheimnisse offenbart. So auch am dritten Osterfeiertag, dem 26. März 1581, an welchem Tage Frau Pegius von der Königin erfahren, daß den Bewohnern des Untersberges vor tausend Jahren prophezeit geworden sei, daß ein Mann namens Martinus, der in der Astronomie und Juristerei wohl erfahren, auferstehen und sie durch seine Fürbitte erlösen werde. Zwischen dem 14. und 26. März 1581 habe ihnen Gott einen Engel gesandt, der ihnen verkündete, daß Dr. Martin Pegius derjenige sei, von welchem die Prophezeiung sprach.

Weiters erzählt Dr. Pegius, daß im Untersberge auch Annas und Kaiphas, der Sultan von Ägypten, Herodiades, des Herodes Tochter, die Königin von Sodoma und Gomorrha usw. seien. Von diesen sei Herodiades gleichfalls bei seiner Ehefrau gewesen und habe ihr erzählt, wie es bei der Enthauptung des heiligen Johannes zugegangen sei. Auch des Kaisers Augustus Sohn befinde sich im Berge und habe am 8. April 1581 mit der Königin von Saba seine Ehefrau besucht und viel Wunderbares erzählt.


Quelle: Freisauff, R. von, Salzburger Volkssagen, 2 Bde., Wien/Pest/Leipzig 1880, Bd. I, S. 12 f.