DIE PROPHEZEIUNG

Es wird nach und nach alles Volk durch verschiedene herbeigekommene Übel und Landesplagen so bedrängt werden, daß einer dem ändern in nichts mehr wird helfen können; und da man 1800 wird schreiben, wird die deutsche Treue und Redlichkeit beinahe vollends begraben sein. Der Vater wird zum Sohn und der Sohn zum Vater kein Zuvertrauen mehr haben, und so wird der Freund den ändern betrügen, übervorteilen und um seine Sache zu bringen wissen. Es wird auch um selbe Zeit große Not an Geld sein, und doch werden die Leute nicht genug ausstudieren können, wie sie sich vornehm, üppig und prächtig genug kleiden sollen. Da man anfangen wird, schwarze und grüne Hütlein mit aufwärts gebogenen Krempen zu tragen, wird die Magd ihre Frau an Putz weit übertreffen, und jeder wird trachten, mehr scheinen zu wollen, als er ist. Der gemeine Mann wird sich mit seinem Nachbarn vereinigen, selbst aus ihrem eigenen Kupfergeschirr Geld zu prägen.

Auch wird die Teuerung in allen nur erdenklichen Bedürftigkeiten einen schrecklichen Grad erreichen, und man wird nicht mehr wissen, wie man alles Notwendige auf ehrliche Manier erwerben und herbeischaffen kann. Uneinigkeiten und Mißtrauen werden auch die großen Herren in der Welt beherrschen. Sie werden einander selbst mit List und Falschheit begegnen und daher wegen beständiger Kriege und Zwistigkeiten immer mehr bedrücken und mißmutig machen müssen.

Daraus kann man entnehmen, was für schreckliche Verwirrung entstehen und was für Drangsale über die Länder kommen werden.«


Quelle: Freisauff, R. von, Salzburger Volkssagen, 2 Bde., Wien/Pest/Leipzig 1880, Bd I, S. 177 f.