DER BRAND IN MATTIGHOFEN

Am 18. May 1827, Morgens um 1 Uhr, brach im Markte Mattighofen eben so plötzlich, als unbekannten Anlasses, ein ganzer Schock von Feuersäulen aus einer der Scheunen neben der Höllgasse hervor, der augenblicklich andere umliegende Wirthschaftsgebäude mit den darin befindlichen Vorräthen von Früchten, Holz und Heu ergriff.

Auf der Stelle ward zwar Feuerlärm, und eben so schnell hatten sich die Amts- und Marktsvorstände, wie die Bürger und Einwohner mit Feuerspritzen, Werkzeugen, Handlangern und Fuhrwerken in der Höllgasse zusammengefunden, um diese Feuersbrunst wieder zu dämpfen. Allein, mittelst bereits von einem eintretenden Wirbelwinde getrieben, wälzten sich schon mehrere Flammenzüge in kochender Eile aus diesem Feuerpfuhle durch diese Gasse, und längs der östlichen Gebäudeabtheilung dieses Marktes unaufhaltsam fort.

In einer halben Stunde standen bereits zu beyden Seiten neben den Tafernen zur Post und Poschinger, über dreyßig Wirthschaftsgebäude, und mehr als fünfzehn Wohnhäuser in tobendem Feuer.

Nochmals versuchte indeß zwar jetzt der Muth, die Geschicklichkeit und die angestrengte Kraft der heimathlichen Bevölkerung mit allen zur Hand stehenden Mitteln und Werkzeugen, dieses furchtbare Element zu bekämpfen, oder demselben doch wenigstens durch Abschnitt Einhalt zu thun, jedoch, leider vergeblich! denn schon in wenigen Minuten hernach hatten Feuerströme andere zehn Wohnhäuser und einige zwanzig Wirthschaftsgebäude durchwühlet. Südlich und nördlich strömte der Brand weiter, und in Massen bereits leckten sogar die Feuerflammen an mehreren Dachgiebeln von der westlichen Häuserreihe des Marktes. Die Gewalt des Feuers überboth die Zahl der Arbeiter, die Löschmittel, sogar die Zeit, diese anzuwenden. Der entscheidende Augenblick für Mattighofens Bewohner, bloß zur letzten Rettung des Eigenen, aus prasselnden oder zusammenstürzenden Wohnungen, oder die Bewachung der vom Brande noch nicht ergriffenen Häuser, war nun gekommen. Schon brannten, oder glühten zum Theil, oder wechselweise die Dächer der Häuser Nro. 30 und 31 im Süd, des landesfürstlichen Schlosses im Nord, und gegenüber Wieningers Scheune, die in der Mitte zwischen der schönen Pfarrkirche und der Frohnfeste stehet. Zu gleicher Zeit erlahmte die Kraft der zurückgebliebenen Arbeiter, und die Wirkungen der Feuerspritzen an der Höllgasse, wie längs der Hauptstrasse.

Alles, gar alles schien verloren zu seyn, allein theilnehmender Edelmuth brachte jetzt fremde Nachhülfe von Nahe und ferne Arbeiter in ganzen Haufen, und zahlreiche Feuerspritzen und Löschwerkzeuge jeglicher Art strömten, von Gemeindevorständen angeführt, die Landleute der näheren Umgebung von Pfaffstätt, von Munderfing, von Bischelsdorf, von Hart, auch von Uttendorf, unter der Leitung des Herrn Grandauer's, und von Mauerkirchen unter dem Vortritte des k.k. Herrn Landrichters von Schiedenhofen, mit Feuerspritzen und Arbeitern in Menge herbey. Die Arbeiter und Feuerspritzen der Ersteren warfen sich in Verbindung der Einheimischen an die Gränze des tobenden Brandes im Süd, während jene der Letztern in Massen zwischen den flammenden Gluthhaufen in der Höllgasse und dem landesfürstlichen Schlosse mit Kraft und Umsicht vordrangen.

Bald nachher folgten auch Feuerspritzen und Arbeiter von Braunau, Neumarkt und Sauldorf, mit den k.k. Herrn Oberbeamten Krakowitzer und von Kürsinger, mit dem Handelsmanne Poschinger an der Spitze, und endlich selbst von dem entferntesten Simbach, unter der eigenen Anführung des k. baierischen Herrn Landrichters Strelin, nach. Dadurch wurde nun im Süd das fernere Fortschreiten des Brandes gehemmt, nördlich das Schloß und die Kirche geborgen, und westlich die ganze Reihe von mehr als hundert verschiedenen Gebäuden vor gleicher Zerstörung bewahret. Von der östlichen Abtheilung dieses Marktes erlagen indessen doch die Spitalskirche, 31. Wohnhäuser und gegen 60 Wirthschaftsgebäude diesem ausgebreiteten Brande. Viele Familien sind ohne Obdach. Der Schadensbelauf dieses schrecklichen Verhängnisses steiget nach oberflächlicher Schätzung schon über 230 000 Gulden hinan, und ein Paar edelmüthigere Jünglinge, über die Versuche eine vermißte Mutter noch zu retten, und dem Hausherrn das Äußerste zu leisten, werden, leider! sogar vielleicht noch an den Folgen erhaltener Brandwunden enden. So schmerzlich und folgenvoll indessen auch immer jetzt diese unsere Verhängnisse sind, so haben wir doch unzählige Verbindlichkeiten bereits gegen Einheimische und Fremde, gegen Nahe und Ferne für ihre so entsprechende Hülfe im Verlaufe des Brandes, und seither für die reichliche Unterstützung unserer Unglücksgefährten an Geld, Früchten, Kleidungsstücken, Baustoffen, wie diese bereits von mehreren Seiten zufließen, und womit uns bereits die Pfarreyen Pöndorf, St. Peter, Minning, St. Johann, Mattighofen und Lochen, die Märkte Mondsee, Obernberg und Mauerkirchen, die Stadt und das Pfleggericht Braunau, unter dem eigenen Vortritte des Herrn Adjunkten von Kürsinger zu trösten eilten.

Übrigens ist diese unglückliche Feuersbrunst um so folgenvoller für Mattighofen, weil dieselbe gerade die Gebäude der nämlichen Abtheilung dieses Marktes betraf, die im Dezember von 1721 einem gleichen Verhängnisse unterlagen, und damals nicht mit der erforderlichen Dauerhaftigkeit, auch nicht nach den Forderungen ihrer technischen und wirthschaftlichen Bestimmung wieder hergestellt worden sind.


Quelle: Erzählungen und Volkssagen aus den Tagen der Vorzeit von dem Erzherzogthume ob der Enns, Ein Unterhaltungsbuch für Jedermann, Linz 1834, Faksimile Druck, Linz 1991, Seite 126