Der „Schaferl“ am Schrocken

Auf dem Schrocken (zwischen Rotthal und Weissenbachthal) wirtschaftete einst eine hartherzige Schwaigerin, die mit dem ihr untergebenen Schafbuben (Schaferl) rauh umgieng. Einst kam der Bube weinend zur Hütte, denn er hatte ein paar Schafe verloren. Die Schwaigerin aber jagte ihn gleich wieder fort, mit dem Bedeuten, dass er ihr ohne die Schafe nicht in die Hütte kommen dürfe. Der Schaferl machte sich noch einmal auf die Suche, kam aber nicht mehr zurück. Ueber Nacht fiel Schnee. Die Schwaigerin trieb ihr Vieh nach Hause, ohne sich um den Buben zu kümmern. Diesen fand man aber erst im nächsten Frühjahre, als der Schnee geschmolzen war, auf der Erde liegen. Auf der Stelle, wo er lag, wuchs seither kein Gras mehr, sondern nur etwas kurzes, röthliches Moos. Heute noch erkennt man die Stelle, wo sein Kopf, seine Arme und Beine die Erde deckten.

Quelle: Hinterstoder mit dem Stoderthale, Kleine Orientierungs – Darreichung von A. N. Gerhofer, Selbstverlag, Linz, Druck von S. Tagwerkers Witwe, [um 1891]
Zusendung von Norbert Steinwendner, am 5. Juni 2008