DER HOCHZEITSSTEIN BEI EFERDING

Version 1:

An der Straße von Eferding nach Taubenbrunn steht ein Stein, an dem ein Kreuz herausgehauen ist. Um diesen Stein, auch „Hochzeitskreuz" genannt, rankt sich folgende Legende:

Ein ehrbarer Bauernsohn bewarb sich um eine hochmütige Bauerstochter. Schon war die Hochzeitstafel. gerichtet und zahlreiche Gäste versammelt als die Braut ihren Bräutigam seine bescheidenen Verhältnisse vorhielt. Wer sie zur Frau begehrte müsse ein stolzes Haus sein eigen nennen, müsse sie in Milch und rotem Wein baden und die Wege des Gartens mit weißem Brote pflastern. Vergeblich versuchten Bräutigam und Gäste sie von ihrem frevelhaften Wünschen abzubringen. Ihr Übermut wurde dadurch noch mehr angefacht. Sie öffnete die Tür des Saales, ging mit Brot und rotem Wein bis zum Kreuzweg und legte dort die Brotschnitten auf die staubige Straße und goß blutroten Wein darauf. Hochmütig betrat sie das sonderbare Pflaster. Im selben Augenblick tat sich unter Blitz und Donner ein feuriger Schlund auf und die frevelhafte Braut war mit gellendem Schrei für immer verschwunden.

Quelle: Ada Paul, Steinkreuze und Kreuzsteine in Österreich, Horn, 1975, S.49

Der Hochzeitsstein in Eferding © Harald Hartmann

Der Hochzeits-oder Teufelsstein in Eferding.
© Harald Hartmann, Mai 2010

Version 2:

Niemand weiß, wann und wie dieser Stein, der an Vorder- und Rückseite ein Kreuz trägt, an diesen Ort gekommen ist. Die Alten Leute aber bekreuzigen sich, wenn sie vorbeigehen müssen. Hier soll einst der Teufel die Seele eines jungen Mädchens geholt haben. Über diesen Stein, der Hochzeitsstein oder auch Teufelsstein genannt wird erzählt man sich folgende Sage:

In dem Dorfe Taubenbrunn lebte vor langer Zeit eine Näherin. Diese hatte in ihrer Werkstatt einige Mädchen beschäftigt. Es wurde fleißig gearbeitet, aber auch die Unterhaltung nicht vergessen. Zu jeder Stunde war aus der Werkstatt fröhliches Geplauder zu vernehmen. Die Lustigste dieser Schar war aber Katharina. Sie war auch die Schönste und führte die Nadel am geschicktesten. Ihre liebste Beschäftigung war aber der Tanz. Deshalb fehlte sie bei keiner Unterhaltung. Sie freute sich von einem Fest auf das andere. Kein Weg war ihr zu weit und keine Anstrengung war ihr zu groß, wenn sie nur tanzen konnte. Dabei war sie eitel und verwendete ihre freie Zeit nur für Putz und Tand. Am Sonntag wenn die anderen Mädchen zur Kirche gingen, saß Katharina in ihrer Kammer und nähte an ihren Tanzkleidern. Auf diese war sie mächtig stolz. Sie wusste dass sich keines der anderen Mädchen mit ihr vergleichen konnte. Ihr größter Schatz aber waren die silbernen Tanzschuhe. Katharina hatte sie von einem fremden, vornehmen Mann bekommen. Sie waren ihr mehr wert, als alles andere auf der Welt.

Als wieder einmal in Eferding eine große Bürgerhochzeit gefeiert wurde, durfte auch sie nicht fehlen. In drei Gasthäusern wurde getanzt. Katharina tanzte ohne Pause und wurde nicht müde. Wie immer war sie die beste und begehrteste Tänzerin. Als der Morgen graute und die Musik verstummte, musste sie an den Heimweg denken. Sie steckte sich noch einige Semmeln in die Tasche und verließ den Tanzsaal. Nachts hatte es geregnet, und die Straßen glänzten von vielen Wasserpfützen. Katharina musste hin und her hüpfen um den schmutzigen Stellen auszuweichen, bis sie an eine morastige Wasserlache kam, die ihr vollends den Weg versperrte. Um keinen Preis der Welt wäre das Mädchen mit ihren silbernen Schuhen durch diesen Morast gelaufen. Sie nahm zwei Semmeln aus der Tasche und band sie unter die Schuhsohlen. So kam sie trocken über das Hindernis hinweg. Nachdem sie die durchweichten Semmeln weggeworfen hatte setzte sie unbekümmert ihren Heimweg fort.

Der Hochzeitsstein in Eferding © Harald Hartmann

Der Hochzeits-oder Teufelsstein in Eferding.
© Harald Hartmann, Mai 2010

Plötzlich stand ein Mann vor ihr und versperrte ihr den Weg. Er hatte grünseidene Kleider an und ein kleines Hüttchen von der selben Farbe auf dem Kopfe. "Wohin so spät mein schönes Kind" fragte er. "Soll ich dich nach Hause begleiten damit dir nichts geschieht?" Katharina die keine Angst kannte lachte ihn aus und rief "Ich brauche keinen Begleiter, aber wenn du mitkommen willst musst du mich erst mal einholen!" Dabei drängte sie ihn zur Seite und lief davon. Sie war noch nicht weit gekommen da hörte sie hinter sich ein Sausen das mächtig anwuchs und zu schrecklichen Getöse wurde. Nun packte sie doch ein Grauen. Sie drehte sich um und erblickte den Mann von Feuer und Dampf umgeben. Sein Aussehen hatte sich schrecklich gewandelt. Aus dem feinen Herrn war ein Teufel mit entsetzlicher Fratze geworden. Er streckte seinen Arm nach Katharina aus, packte sie und fuhr mit ihr durch die Luft davon. Das arme Mädchen ward nie wieder gesehen.

Quelle: Erzählt von einem Gemüsebauern, an dessen Acker der Stein steht

Feldforschung: Harald Hartmann, Mai 2010