GMUNDEN
Wo heute die Wunderburg steht, erhob sich ehemals ein Schloß, genannt Gugelburg. Es war der schönste und größte Herrensitz der Gegend, beherrschte das ganze Tal, aber es ward auch bewohnt von dem geizigsten und hartherzigsten Herrn, den man sich denken konnte. Da auf einmal ging es mit dem alten Sünder zu Ende. Seine Erben eilten herbei, gierig auf die riesigen Schätze des Toten bedacht. Aber sie suchten vergeblich allerorten, sie konnten den Schatz nicht entdecken. Aber er ist doch vorhanden. Dreimal im Jahre, in der Johannisnacht, in der Thomasnacht und in der vom 19. Februar jedes Schaltjahres, eine halbe Minute vor Mitternacht weicht ein großer Stein aus den Grundfesten zur Seite und gibt den Eingang frei in ein unterirdisches Gewölbe. Dort sieht man dann ein Männchen mit langem weißem Bart an einem Tisch sitzen und schreiben. Mit Gold gefüllte Säcke stehen vor ihm. Wenn es jemand wagt, näher zu treten und die Hand nach einem auszustrecken, hebt er das Haupt und wirft ihm einen so zornigen Blick zu, daß das Blut in den Adern des Kühnsten erstarrt. Einige haben allerdings fliehen können, aber andere hat man am nächsten Morgen ohnmächtig auf dem wieder am alten Platz liegenden Stein gefunden, ohne Spur vom Schatz oder seinem Hüter.
Nach Auguste Marguillier, "A travers le
Salzkammergut", 1896 in:
Hans Commenda, Zur Volkskunde des Salzkammergutes vor fünfzig Jahren,
in: Volkskundliches aus Österreich und Südtirol, Hermann Wopfner
zum 70. Geburtstag dargebracht, Hg von Anton Dörrer und Leopold Schmidt,
Wien 1947.