II. Wundersame Geschichten.
2. Von heiligen und unheiligen Personen.
6. Von Unschuldigen und von Büßern.

272. Ein Vater ging mit seinem Sohn Felix über Land. Sie kamen in ein Gasthaus. Die Kellnerin hätte den Sohn gerne geheiratet, weil er sie aber verschmähte, steckte sie ihm einen goldenen Becher in den Rucksack und zeigte dann den Diebstahl an. Felix wurde zum Tode verurteilt. Sein Vater ließ sich mit ihm hängen. Als man nach 10 Jahren die Leichen wieder ausgrub, begannen sie zu reden und erzählten ihren Lebenslauf. Sie verlangten, in die Kirche zu St. Leonhard zu kommen. Dort ruhen sie nun in gläsernen Särgen.

*273. Ein großer Sünder hatte schon lange nicht gebeichtet. Endlich aber entschloß er sich dazu. Doch kein Priester wollte ihn lossprechen. Endlich tat es einer unter der Bedingung, daß sich der Mann in eine Kuhhaut einnähen und nach Rom fahren lasse. Auf dem Weg starb der Mann und Würmer zerfraßen den Leib. Als der Wagen in die heilige Stadt fuhr, fingen alle Glocken von selbst zu läuten an, weil er ein Heiliger war.

*274. Ein Besitzer des Nöckhammergutes in Thann am Weilhart erschoß seinen Bruder. Die Tat kam nicht auf, der unselige Mensch fand aber keine Ruhe mehr. Er unternahm zur Sühne eine Wallfahrt nach Rom, um vom Papst Klemens XI. Lossprechung zu erhalten. Nach viel Mühseligkeiten kam er vor den Papst und erhielt die Sündenvergebung. Der Papst sagte ihm aber, er werde sein Heim nicht mehr lebend erreichen. Schweren Herzens trat der Mann den Heimweg an und als er nach vielen Beschwerden die Grenze seines Besitzes überschreiten wollte, sank er tot zu Boden. An der Stelle wurde zuerst eine hölzerne, später eine gemauerte Kapelle errichtet.

275. Als einst die Jesuiten in Peilstein, andere sagen in Kollerschlag, Mission hielten, bekam eine alte, auf ihre Ehelosigkeit stolze Jungfer vom Pater den Auftrag, drei Nächte hindurch in der Pfarrkirche zu wachen. Das tat sie. Um Mitternacht flackerte jedesmal das ewige Licht Heller auf und viele Gestalten schwebten geisterhaft an ihr vorüber, in der ersten Nacht weniger, in der zweiten und dritten mehr. Der Pater gab ihr den Bescheid: "Ein Jüngling hat einst um dich geworben, du bist aber nicht um der Vollkommenheit willen ehelos geblieben, sondern um den Beschwerden des Ehestandes zu entgehen. In den Gestalten zeigte dir Gott die Nachkommenschaft bis ins vierte Geschlecht, die du gehabt hättest, wenn du auf christliche Weise in den Ehestand getreten wärest." Da ging sie in sich und legte ihren hochmütigen Stolz ab.

276. Ein paar Bauern ließen einmal gemeinsam eine heilige Messe "auf fromme Meinung" darbringen. Als das Wandlungsglöckerl ertönte, konnte der Priester die Hostie nicht emporheben und mußte die Messe unterbrechen. Er fragte die Bauern, auf welche fromme Meinung sie die Messe hätten darbringen lassen. Beschämt gestanden sie, sie hätten wollen, daß das Korn teurer werde. Der Geistliche verwies es ihnen und verlangte zur Sühne, die Messe den armen Seelen aufzuopfern. Das taten die Bauern und nun konnte der Pfarrer die Messe ungestört darbringen.

Quelle: Oberösterreichisches Sagenbuch, Hg von Dr. Albert Depiny, Linz 1932, S. 359 - 360
Für SAGEN.at korrekturgelesen von Norbert Steinwendner, Mai 2006.
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