B. Versunkene Zeiten.
14. Der Liebe Lust, der Liebe Leid.

476. Ein schönes, aber hochmütiges Mondseer Mädchen hielt einen armen Scharflinger Burschen, der sie aufrichtig liebte, hin und sagte einmal: "So wenig die Steinröserl am Drachenstein für mich sind, so wenig bin ich für dich. Wenn aber einmal die Drachensteinrosen zu mir kommen, kriegst du meine Hand." Am nächsten Morgen, es war ein Sonntagsmorgen, sahen die Kirchengänger droben an der Drachenwand einen Menschen. Ehe sie sich aber ans Helfen und Retten machen konnten, war er verschwunden. Wochen später fand man die Leiche des Scharflingers, in der Linken ein Büschel blutroter Steinröserl.

Dem Mädchen aber umnachtete zu späte Reue den Sinn, Tag für Tag erwartete sie den Geliebten am Ufer, bis sie eines Tages im See ertrank.

477. Als auf dem Daimling und auf dem Krippenstein noch aufgetrieben wurde, war auf jeder der beiden Almen eine Sennerin, die auf dem Daimling war der anderen um den Verehrer neidig und sagte dem Burschen, daß es die Krippensteinerin mit dem Grafen hielte. Der Bursch schlich sich heimlich zur Alm und sah wirklich den Grafen dort. Die Sennerin gestattete ihm aber keine Annäherung. Trotzdem hatte die Verleumdung gewirkt, der Bursch heiratete die andere Sennerin, zu spät erkannte er die Täuschung und lebte in Unfrieden und Leid.

478. Ritter Haym geriet in den Türkenkriegen in türkische Gefangenschaft. Als seine Gattin dies erfuhr, verkleidete sie sich als fahrender Sänger, da sie eine wunderschöne Stimme hatte und das Harfenspiel meisterte. Nach langen Beschwerden erreichte sie das Ziel ihrer Reise und erlangte es, vor dem Sultan zu spielen, der ein Freund des Harfenspieles und von Schwermut gedrückt war. Ihr Spiel machte auf ihn einen solchen Eindruck, daß er dem vermeintlichen Spielmann einen Wunsch freigab. Dieser verlangte nichts als die Freiheit seines Herrn, des Ritters Haym. Gerührt über so viel Treue ließ der Sultan den Sänger in die Heimat geleiten und entließ auch den Ritter bald. Haym trachtete so schnell als möglich nach Hause, wo ihn seine schon früher angekommene Gattin empfing. Während Haym beklagte, daß er nicht wisse, wer der Sänger sei, der ihn freigesungen, trat ein Sänger ein und sang das Lied von der Gattentreue. Haym erkannte seinen Retter. Dieser entpuppte sich als sein Weib.

Erzählt wird auch, daß Ritter Haym, heimgekommen, erfuhr, seine Frau sei ihm nachgezogen und im heiligen Land gestorben. Der Eintritt des Sängers brachte aber dann frohe Aufklärung.

479. Als die Türken Österreich bedrängten, mußten fast alle Mannspersonen einrücken, so daß Stoder nur von Weibern bewohnt war. Der junge Schmalzer, ein Wirtssohn, mußte am Vortag seiner Hochzeit fort. Die Braut nahm ihr Halstuch, wie es damals die Bräute trugen, zerriß es in zwei Teile und gab ihrem Liebsten die Hälfte, sie versprachen sich gegenseitige Treue. Schmalzer zog in den Krieg und kam nicht zurück. Endlich nach 30 Jahren entschloß sich die Braut zu einer anderen Heirat. Am Vortage der Hochzeit aber kam ein Reiter mit prächtigen Gewändern und Waffen angetan und wies sich durch das Halstuch als Schmalzer aus. Nun wurde freilich aus der anderen Hochzeit nichts. Das Brauttuch und vielerlei Andenken an den Türkenkrieg wurden aber noch lange im Hause aufbewahrt.

480. Zur Zeit Maria Theresias wurde Hans Johann Engl fahnenflüchtig; als er sich gerade in der katholischen Kirche in Hallstatt befand, sollte er verhaftet werden, er wurde aber gewarnt und entkam. Er flüchtete sich in die damals wenig bekannte Koppenbrühlerhöhle. Seine Braut Seff folgte ihm und teilte freiwillig die Leiden der Verbannung. Sie lebten jahrelang von Wurzeln, Kräutern und vom Wildern. Felle und Krickel tauschte ihnen die Binderin in Aussee in die nötigsten Gegenstände. Niemand verriet die beiden. Eines Tages wurde die Seff schwer krank, nachts holte Hans den Pfarrer von Hallstatt, der Pfarrer machte den nächtlichen Versehgang, über unwegsame Stellen trug ihn Hans. Seff wurde versehen und sie gesundete wieder. Der Pfarrer verwandte sich für die beiden und erwirkte ihre Begnadigung. Sie zogen nun wieder nach Hallstatt herab, erlagen aber bald den überstandenen Anstrengungen und Entbehrungen. Zur Erinnerung steht noch auf der Paßhöhe der Koppenstraße ein Bildstock. In Hallstatt sagen aber die Leute, wenn sie eine Frau besonders rühmen wollen: "Die ist so treu wie die Seff."

481. Ein türkischer Prinz hatte sich mit einer Hohenfeldnerischen Prinzessin von Aistersheim verlobt und den christlichen Glauben angenommen. Deshalb zog er sich den Zorn seines Vaters zu, das Paar flüchtete in die oberösterreichische Heimat der Frau. Der Vater ließ sie aber ausforschen und als sich der Prinz einmal im Park erging, wurde er von den Häschern des Vaters ermordet. Die Prinzessin nahm den Schleier und starb in einem unbekannten Kloster.

482. Im Seeschloß Ort wohnte ein mächtiger Graf. Als er in den Krieg ziehen mußte, übergab er seine einzige Tochter dem Burggrafen zu Wolfsegg in Hut. Das schöne Fräulein lernte aber den jungen Ritter auf der benachbarten Wartenburg kennen und lieben. Um die Zusammenkunft der beiden zu hindern, übergab der Wolfsegger das Mädchen dem Nonnenkloster in Traunkirchen in Gewahrsam. Der junge Wartenburger aber schwamm vom Eisenauerschlössel nächtlich über den See, eine Lampe der Geliebten war ihm das Zeichen und wies ihm den Weg. Einmal aber fiel ein Sturm ein, während er unterwegs war; das Licht erlosch, der kühne Schwimmer ertrank und wurde als Leiche ans Ufer geschwemmt. Als seine Liebste dies sah, sprang sie vom Söller herab, um sich im Tode mit ihm zu vereinen. Die Stelle, wo man die beiden Leichen fand, ist der Antlaßstein, die Stelle, von der das Mädchen in die Tiefe sprang, der Jungfernsprung. Die Stelle, von der der junge Ritter oft über den See nach der Geliebten herübersah, heißt Jungfernlueg.

Nach einer anderen Überlieferung hatte ein Edelmann die verfallene Burg Eisenau in einem Wildtal zwischen Traunstein und Erlakogel wieder aufgebaut. Sein Sohn Konrad verfolgte ein Reh über den See, bis in den Klostergraben von Traunkirchen und sah dort die junge Gottesbraut Luitgard. Eine unheilvolle gegenseitige Neigung entbrannte. Als dies der Vater erfuhr, wollte er seinen Sohn, um ihn davor zu retten, in die Ferne senden. Konrad nahm aber zuvor noch heimlichen Abschied, auf der Rückfahrt erfaßte ihn ein plötzlicher Viechtauer Nachtsturm und er ertrank. Ein Traunkirchner Fischer barg am Morgen den Leichnam, so erfuhr Luitgard die Nachricht, vor Gram starb sie. Nach einem alten verschollenen Lied soll sie eingemauert worden sein.

Eine dritte Sage nennt Konrad den letzten Ritter von Karbach, dessen Schloß an der Stelle der Karbachmühle stand. Er liebte die Tochter eines ihm feindlichen Nachbarn, dieser verbarg die Tochter vor ihm im Kloster Traunkirchen. Der Ritter schwamm hinüber, ertrank aber im Seesturm.

483. Ein Knabe und ein Mädchen hatten sich recht lieb. Sie mußten voneinander Abschied nehmen, denn der Knabe sollte in die weite Welt hinaus. Am Waldrande sahen sie ein großäugiges, tiefblaues Blümlein. Sie pflückten es und versprachen sich, wo sie solch ein Blümlem sahen, es zu pflücken und aneinander zu denken. Viele Jahre waren seither vergangen, fast ein Leben, der Knabe kam nicht mehr heim. Das Mädchen war alt und weißhaarig geworden und ging einmal im Frühling durch den Wald. Ein fremder alter Mann kam ihr entgegen. Sie kannten sich nicht. Da bückten sich beide nach einer blauen Blume und erkannten einander daran. Sie hatten sich nicht vergessen. Die Blume heißt seither Vergißmeinnicht.

484. Als die Schaunberger noch im Landl herrschten, hatte der Müller am Fuße der Schaunburg eine schöne Tochter. Des Grafen Sohn liebte sie, durfte sie aber nicht ehelichen. Er zog sich fürs ganze Leben in das Kloster Wilhering zurück. Alt und vergessen starb er dort. Am nächsten Seelentag aber brannten an seinem Grab drei Kerzlein. Nachts hatte sie dort eine alte Frau - sein einstiges Lieb - in Treue hingestellt.

Quelle: Oberösterreichisches Sagenbuch, Hg von Dr. Albert Depiny, Linz 1932, S. 440 - 442
Für SAGEN.at korrekturgelesen von Norbert Steinwendner, Mai 2006.
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