4. Von Berggeistern, Waldwesen und allerlei Wichten.
1. Bergmandl und Zwerge.

1. Die Zwerge, Bergmandl und Wichte wohnen in den Felsklüften und Höhlen der Berge, es gibt gute und böse, weiße und schwarze, männliche und weibliche. Sie erreichen ein hohes Alter, haben einen König oder eine Königin, sammeln Schätze, lieben die Musik und tanzen oft im Mondenschein. Böse Zwerge rauben Kinder und entführen Jungfrauen.

*2. Die Bergmandl sind 3 Fuß hohe Männlein mit grauem, lodenem Gewand und schwarzen Mützen, eine Lampe oder eine Spanne Gold in der Hand. Sie wohnen im Inneren der Berge und sind bald gute, bald böse Geister; sie haben Macht über Geld und Gesundheit der Menschen und offenbaren zukünftige Dinge, wenn man ihnen keck entgegentritt. Man muß sie "um das Kreuz in der Nuß" und um den "Karfunkelstein" fragen. Wer solche Auskunft haben will, hat viele Anfechtungen auszuhalten, der Boden spaltet sich unter den Füßen, große Steine rollen auf ihn los, der Sturm braust um ihn. Bleibt er aber standhaft, so geben ihm die Bergmandl Auskunft, Glück und Segen folgt ihm auf dem Fuß. Wer aber mit den Bergmandln Spott treibt, den verfolgen sie mit Unglück oft bis in den Tod.

*3. Bei Reichraming ragt vom steilen Abfall der Ennsberge ein Fels empor, in ihm hausten einst die Bergmandl. Im Berge steckt ein goldener Zapfen, mit dem man den Fels aufsperren und Schätze heben kann. Wer den Zapfen findet ist ein gemachter Mann.

*4. Als eine Bürgersfrau einst über den Pyhrn ging, sah sie zwischen den Felsblöcken, die abseits von der Landstraße herumliegen, ein Bergmandl herumspringen. Auch im Bodinggraben hat man noch vor 100 Jahren Bergmandl einzeln oder in Scharen gesehen, wie sie ihre Wäsche wuschen und trockneten.

*5. Die Bergmandl sind viel kleiner als die Menschen, sie leben unter der Erde in paradiesähnlichen Stätten, sie kennen verborgene Schätze und wissen die Zukunft voraus. Ein solches Bergmandl ist oft einem Menschen hold und unterstützt ihn, solange er sich nicht einer schweren Sünde schuldig macht.

6. In Vorderstoder schreckte einmal ein Bergmandl einen Bauer derart, daß er "kasweiß" heimkam und ein paar Tage das Bett hüten mußte.

*7. In der Losau, einer Talschlucht bei Leonstein, hausten Bergmandl, die den Vorübergehenden allerlei Blendwerk vormachten, als ob die Straße versperrt wäre oder seitswärts in die Steyr führe und dergleichen.

8. In den tiefen Klüften der Ewigen Wand hausten einst viele Zwerge. Anfangs lebten sie in Eintracht und halfen verirrten Bergsteigern und armen Leuten. Später aber wurden sie immer übermütiger und bösartiger, sie verhöhnten die Bergsteiger oder stießen sie in die Tiefe. Als sie einst wieder einen Verirrten hinunterstießen, erschien plötzlich unter gewaltigem Donner der Berggeist, packte und zerdrückte die Zwerge. Dann verschwand er wieder in den Berg.

9. Die Bergmandl haben ein uraltes Gesicht und tragen unscheinbare Kleider. Sie schützen und hegen das Almvieh. In den Bergklüften kochen, waschen, spinnen und backen sie. Gerne setzen sie sich zwischen die Hörner der Kühe. Sie können sich unsichtbar machen und sind so klein, daß ihrer 9 in einem Backsimperl tanzen können.

*10. Die Bergmandl verursachen oft um Mitternacht einen Lärm, als ob jemand dengeln täte.

11. Am Jainzen bei Bad Ischl ist bei der roten Riese, wo die Quelle entspringt, das Schotterloch, von da führt ein Felsengang in das Innere des Berges. Vor Zeiten kamen hier die Zwerge aus dem Berge, wuschen die Wäsche im Pfennigbach und trockneten sie am Lidlkögl, einem Felsen mit ungeheuren Steinstufen hinter der Kaiservilla.

12. Bei Gschlief-Ort im Traunsteingebiet fließt ein kleiner Bach zu Tal. Er führt kleine, runde, schwarze und weiße Steinchen mit sich, im Durchmesser von einem Hellerstück, die von den Kindern gesammelt werden. Es ist das Geld der kleinen Bergmandl.

13. Wo die Zwerge wohnen, da gibt es auch Gold, daher führte der Pfennigbach bei Bad Ischl einst lauteres Gold mit sich.

14. Der Jainzenberg bei Bad Ischl stand auf 3 goldenen Säulen, eine davon wurde bei der Völkerwanderung gestohlen. Die Säulen wurden von Zwergen bewacht.

*15. Der Polstergraben bei Hochburg war einst bewaldet und scheu gemieden. Hier bewachte ein Zwerg einen Schatz. Er hatte einen mit Nadeln geschmückten Polster auf dem Kopf und stach damit auf jeden in die Nähe kommenden Wanderer los, bis er die Flucht ergriff.

Quelle: Oberösterreichisches Sagenbuch, Hg von Dr. Albert Depiny, Linz 1932, S. 30 - 31.