DIE KÖNIGSHÖHLE BEI BADEN

"Es liegt ein großer Stein,
Der wohl so schwer kann sein,
Daß hundert Pferd ihn nicht vom Platz bewegen;
Und wem daran gelegen,
Der Sache auf den Grund zu kommen,
Dem dien' zu Nutz und Frommen:
Er liegt in einem Wald, das Wolfstal genannt,
Wie jeder weiß, der dort bekannt.
Von diesem Stein tut man sagen,
Daß sich in grauer Vorwelt Tagen,
Mit ihm der böse Feind ergötzt,
Und ihn als Spielwerk auf den Kopf gesetzt.
Er trug ihn leicht wie einen Sommerhut
Und ging umher mit kühnem Frevelmut.
Wer kann, spricht er, gleich mir den schweren Stein
bezwingen ? Selbst ihm, der ihn gemacht, wirds nicht so leicht gelingen;
Er läßt ihn ruhen wo er ruht, Obwohl er groß mit seiner Stärke tut.
Da tritt zu ihm in lichter Strahlen Schein,
Der Höllenbrut Bezwinger,
Und steckt den schweren Stein
Sich an den kleinen Finger.
Geblendet und beschämt entweicht der Feind zur Hölle,
Und nimmer sieht man ihn hinfort an dieser Stelle,
Doch heutzutag noch schaut man klar,
Wo einst der Kopf des Teufels war,
Und unseres Herrgotts Finger."


Kommentar: (J. Gebhart.)
Quelle: Carl Calliano, Niederösterreichischer Sagenschatz, Wien 1924, Band II, S. 64