DAS BRUNNENMÄNNLEIN ZU KAMMERSTEIN
Der einstmalige herabgekommene Besitzer der alten Veste Kammerstein, auf der waldigen Anhöhe links an der Straße von Rodaun nach Kaltenleutgeben, sah im Augenblicke seiner größten Bedrängnis aus dem Schloßbrunnen ein grünliches Männlein mit langen Nägeln und glatt herabhängendem Haar auftauchen, welches ihm Hilfe anbot. Das Männlein führte ihn durch einen ihm unbekannten gewesenen Gang zu einem den unermeßlichen Schatz bergenden Gemach, von welchem Schatze er sich nach Wünsch nehmen konnte, jedoch unter der Bedingung, daß er sich niemals mehr dem Brunnen nahe. Als er das später doch tat, zog ihn das Brunnenmännlein ins Wasser hinab. Nachts hört man jetzt noch ein klägliches Wimmern aus dem Brunnen.
Quelle: Carl Calliano, Niederösterreichischer
Sagenschatz, Wien 1924, Band I, S. 36