Der vierblättrige Glücksklee (Niederösterreich, Baden)

Im 14. Jahrhundert lebte in Baden ein Mann von großem Reichtum, welcher seht stolz, aber doch in einem Punkte gerecht war, denn er hielt unter allen Umständen an seinem einmal gegebenen Aussprüche fest.

Dieses Mannes einziger Sohn liebte nun ein armes, aber achtbares Mädchen, derselbe konnte aber zu seiner Verbindung mit der Geliebten nicht die Zusage seines gestrengen Vaters erlangen. Trotzdem ließen die Liebenden nicht von einander und trafen sich oft heimlich, um sich ihre liebe Not zu klagen. Bei einer solchen Gelegenheit traf der unerbittliche Vater einst das junge Paar bei seinem Kleeacker an und machte deswegen ein „gar großes Aufsehen". Doch es half alles nichts, die jungen Leute wurden tüchtig „abgekanzelt", und als mitleidige Nachbarn den Erzürnten besänftigen wollten, da trieb er es noch ärger und schwur, wenn ihm das „Menschl" [Anm: Das Wort „das Mensch“ wird heute noch umgangssprachlich für Mädchen verwendet] aus seinem Felde ein vierblätteriges, Kleeblatt bringe, so soll es „in Gottes Namen" seinen Burschen zum Hauswirt haben.

Das geängstigte Mädchen sagte kein Wort und ging sodann, dem, Glück vertrauend, stets auf die Suche nach einem Vierblattklee, und alle Leute sagten, die Ärmste suche ihr Glück. Aber die Suchende fand nichts, denn jedes Kleeblatt hatte nur drei Herzchen.

Doch das „goldene Treuherz" selbst verzagte nicht und betete zu Gott dem Allmächtigen, auf daß er mit der Liebe der Armen auch ein „Einsehen" habe. Und der Herr hatte ein Erbarmen, denn die Suchende fand endlich einen vierblätterigen Klee und damit das heiß ersehnte Lebensglück.

Seit dieser Zeit geht alle Welt, aber insbesondere die Frauen auf die Suche nach einem vierblätterigen Klee, der noch immer als glückbringend angesehen wird.

Eine Variante dieser hübschen Sage besagt auch, daß das Mädchen nach dem Schwure des Alten ein Marienbild am Kleeacker statt mit Rosen durch drei Tage mit Klee schmückte und bei Abnahme des dritten verdorrten Kranzes inmitten der dürren Blätter ein frisches, grünes vierblätteriges Blatt fand, was als Wunder angesehen wurde. Das Votivbild hieß seit dieser Stunde „Maria im Klee" und soll auch in späterer Zeit von den Frauen besonders innig verehrt worden sein

Quelle: Carl Calliano, Niederösterreichischer Sagenschatz, Bd. 3, Heinrich Kirsch, Wien 1926 (N.-Ö. Landesfreund, 1900.)
Für SAGEN.at korrekturgelesen von Harald Hartmann, März 2006.
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