DER UNTERGANG VON WENDLING

Nahe von Deutsch Wagram, noch auf dessen Gemeindegebiet, liegt die Flur Wendlinghof. Die wenigen Häuser sind der karge Rest eines einst stolzen Dorfes, über dessen Untergang folgendes erzählt wird:

Im Pfarrhof von Wendling lebte ein alter Dorfpfarrer mit seiner Wirtschafterin und deren hübscher Tochter. Ein Bursche aus dem Dorf, der "blaue Poldl", hatte schon lange ein Auge auf die schöne Pfarrhof-Resi geworfen. Er beabsichtigte sie zu heiraten und im Grunde hätte auch gar nichts dagegen gesprochen, wenn er nicht jeden Sonntag total betrunken aus dem Wirtshaus gewankt wäre. So ist es nur allzu verständlich, dass die Resi an seinen Angeboten nicht interessiert war.

Als er eines Tages beim Pfarrhof erschien, um die Hand Resis anzuhalten, wies ihm ihre Mutter die Tür und der alte Pfarrer fügte noch hinzu: "Lerne erst über dich zu herrschen, ehe du Weib und Hof beherrschen willst!" Obwohl es die beiden gut mit ihm meinten, brachten ihn diese Worte in Zorn und er sann auf Rache.

So begab sich der Abgewiesene in das Lager der Schweden, die zu dieser Zeit gerade bei Bockfließ standen. Dort wurde er freundlich aufgenommen und zu den Reitern zugeteilt.

Nach einigen Wochen erschien der Poldl wieder im Pfarrhof, die Leute waren gerade beim Nachmittagssegen in der Kirche, nur die Resi befand sich in der Küche. "Ich komme nur, um mich von dir zu verabschieden, denn morgen reiten wir weg, dann bist du mich los!", wandte er sich in der Uniform eines schwedischen Soldaten an das hübsche Mädchen. Doch Resi würdigte ihn keines Blickes, setzte ihre Arbeit unbeirrt fort und rief ihm nur ein "Leb wohl!" zu. Im selben Augenblick durchbohrte Poldls Säbelspitze Resis Rücken und sie sank tot zu Boden. Er aber suchte sein Heil in der Flucht. Kaum hatten die aus der Kirche Heimkehrenden die Tat entdeckt, verfolgten sie den Mörder sogleich und erschlugen ihn auf der Stelle.

Als die Schweden ihren Kameraden suchten, fanden sie bald seinen Leichnam. Voll Rache stürmten sie nach Wendling und töteten dort alle Leute, die sich ihnen entgegenstellten, und machten den ganzen Ort dem Erdboden gleich.

Quelle: Das Weinviertel in seinen Sagen, Thomas Hofmann, Weitra 2000, S. 264