DIE TEUFELSMÜHLE

In der Gegend von Hardegg soll in früherer Zeit der Teufel oft umgegangen sein. Man weiß zwar nicht, ob das an den Höhlen und zahlreichen Felsspalten gelegen haben mag, wo der Beelzebub zur Unterwelt leicht aus- und einsteigen konnte, oder gar an den Menschen selber, deren Seelen sich da dem Teufel vielleicht leichter anboten als anderswo. Jedenfalls hörte man hierorts immer wieder von seinen Umtrieben.

So war es einst um die Mittagszeit gewesen, als eine als besonders habgierig verschrieene Bäuerin auf der Luggauer Wiese Heu umlegte. Die Mittagsglocken hatten schon längst geläutet, und alle anderen Bauern und Knechte waren von ihren Feldern gegangen, verrichteten daheim ihr Tischgebet und nahmen ihre Mahlzeit ein. Nur die Bäuerin würgte schnell ein Stück trocken Brot hinunter, weil sie sich nicht einmal selbst etwas vergönnen mochte, und arbeitete emsig weiter in der Mittagsglut des Tages. Da stand auf einmal ein kohlrabenschwarzer Gesell neben ihr. Sie konnte sich gar nicht besinnen, auf welchem Wege er zu ihr gekommen war, denn sie hatte vorher iiemanden bemerkt gehabt. Wie sie jedoch näher hinsah, erblickte sie seinen Pferdefuß und Hörner, die irnmer größer und größer wurden. Kein Wort sagte der Teufel, sondern nahm sie um die Mitte und begann mit ihr zu tanzen, daß ihr schier der Atem verging. Immer wilder wurde der Tanz auf dem Felde, und es schien, als wollte der Teufel damit nicht wieder aufhören. Schon glaubte das Weib in Ohnmacht zu fallen, da verschwand der Gottseibeiuns, nicht ohne einen fürchterlichen Schwefelgestank zu hinterlassen. Die Bäuerin aber ließ alles liegen und stehen, lief heim und ward von Stund an von ihrer Raffgier geheilt.

Ein anderes Mal war es beim Einsiedler, als ein armes Weiblein Holz von den Bäumen brach. Klaubholz durfte es nehmen, aber es wollte sich nicht um die abgefallenen Stücke bücken, die meist morsch waren. Da hörte es, wie die Uhr vom fernen Hardegg ,gerade zwölf schlug. Und urplötzlich kam über dem Walde vom Schwall her ein Brausen, das direkt auf die Frau zustrebte. Als sie aufsah, erblickte sie richtig eine Teufelsgestalt mit rotglühenden Augen und einer feurigen Zunge. Da ließ sie alles Holz fahren und lief eilends nach Hause, so schnell sie ihre Füsse tragen konnten. Und sie hütete sich in Hinkunft wohl, einen Waldfrevel zu begehen.

Nachdem sich solches zugetragen, ist es weiter nicht verwunderlich, wenn damals die Menschen alles dem Teufel zuschrieben, was sie sich nicht selbst erklären konnten. So war der Gasthof zur Thayabrücke einstmals eine Mühle gewesen. In der damaligen Reihung der Häuser mit der Nummer 3 bedacht, wurde der vordere Trakt der Mühle später eine Taverne, also ein Gasthof, der rückwärtige Teil in jüngerer Zeit sogar zu einer Perlmutterfabrik umgebaut, die dann bis zum Jahre 1930 in Betrieb stand. Man erzählt sich nun, daß der erste Besitzer, der Müller Eckhardt, den bereits abgenutzten Grindel auswechseln wollte. Der Grindel ist die Welle, auf der sich das Mühlrad dreht, damals ein ganzer und fürchterlich schwerer Eichenstamm. Natürlich mußte er für diese schwere Arbeit Knechte dingen, welche neben dem eigenen Gesinde mithelfen sollten. Doch alle Mühe schien vergeblich, der Grindel konnte von den Leuten nicht ausgewechselt werden. Als nun nach einem ganzen Tagwerk der Grindel noch immer nicht eingezogen war, schickte der Müller Knechte und Mägde in die Kirche. Sie sollten beten, damit die Arbeit dann besser vonstatten ginge. Als alle fortgegan,en waren, probierte der Müller dennoch allein weiter. Da er ein kluger Mann war, kam er auf die Idee, mit Hilfe des zweiten Mühlrades den Grindel in seine Gabeln zu heben, was ihm auch gelang. Doch wie staunten da die Knechte, als sie von der Kirche zurückkamen und den Grindel bereits in das Mühlrad eingezogen fanden! Da sie das aber alle zusammen nicht fertiggebracht hatten, schien es ihnen undenkbar, daß ein einzelner Mann - und sei er noch so stark - solch gewaltige Arbeit vollbringen könnte. "Das ist nicht mit rechten Dingen zugegangen," raunten sie einander zu. "Der Müller ist gewiß mit dem Teufel im Bunde!" Und von da an mieden sie die Mühle, wie sie nur konnten und wichen dem Teufelsmüller aus. Seitdem trägt die Mühle auch den Namen Teufelsmühle.


Quelle: Franz Bischof, Raimund Jordan, Sigrid Enzenhofer, Sagen und Legenden aus Hardegg, Hardegg 1978, Seite 24