SAGEN AUS PÖCHLARN

1. Um 1840 war unter den Schiffern zu Pöchlarn der Glaube verbreitet, daß, so oft ein Krieg bevorsteht, um Mitternacht aus dem alten Welserturme tausende von Rittern herauskämen und über die Donau setzten. Dort erwartet sie eine andere Schar, die mit ihnen zum Turme zurückkehrt, dann verschwinden beide Abteilungen im Turme, nur zwei Wächter zurücklassend. Im Turme erhebt sich nun zwischen ihnen ein hitziger Kampf und fließt aus dem Turm ein Strom Blut heraus in die Donau, das Wasser blutig färbend. Wenn die Turmuhr eins schlägt, endet der Kampf und verschwinden die beiden Scharen. Darin hat man eine Erinnerung an den Kampf der Burgunden in der Etzelsburg gegen die Hunnen finden wollen.

2. Am Pestkreuz an der Straße zwischen Ornding und Pöchlarn wurden um Mitternacht wiederholt Männer gesehen, die mit ihren Sensen eifrig auf den Wiesen mähten. Am nächsten Tag war vom abgemähten Gras nichts zu sehen.

3. Im Walde hinter Harlanden und am Kuhbichl beim Orndinger Kreuzstöckl wurde wiederholt die "Wilde Jagd" beobachtet, die unter großem Lärm, Gewieher und Peitschenknallen über die Bäume dahinzog. Wer sich nicht auf den Boden niederlegt, wird mitgeschleppt. Auch hat man Lichter und Feuer gesehen. Einige Bauern vorn Orte sollen mit dem Teufel einen Bund geschlossen haben, worauf sie wiederholt verborgene Schätze fanden und zu Wohlstand, und Reichtum gelangten.

4. Bei Harlanden bestand einst ein Schloß; die Frau der Burg liebte ihre Hunde mehr als Menschen. Einst erschien ein schwarzer Wagen und führte sie fort in die Hölle. Das Schloß verödete.

5. Einem Müller bei Pöchlarn hatte der hochangeschwollene Erlauffluß dreimal nacheinander das sehr kostspielige Wehr weggerissen. Da riet ihm jemand, er solle ein kleines Röcklein machen und dem offenbar erzürnten Wassermanne zum Opfer in den Fluß zu werfen; er befolgte den Rat und seine Wehr hatte nun Ruhe.

6. Eine Teufelsbeschwörung wurde 1831 in Harlanden vorgenommen. Zwei Kanoniere erfuhren davon und erschreckten die zur Verschwörung Versammelten durch Abbrennen einer Rakete derart, daß zwei Personen infolge des Schreckens starben. Die Sache wurde gerichtlich untersucht. Da jedoch die Beteiligten die Aussage verweigerten, kam man zu keinem Resultat.

7. Eine kleine, aber tiefe Lache bei der Rechenvilla rechts von der Straße Brunn-Rechen heißt "Sechterlteich". Vor vielen Jahren stand hier ein Wirtshaus, ein Bauernhaus und eine kleine Kapelle. Bei einem Kriege kamen viele Soldaten hieher und beteten in der Kapelle um den Sieg, Dann rückten die Feinde heran und wollten die Kapelle zusammenschießen. Ein eben vorbeifahrender Heuwagen diente den Betenden zum Schutze. Als die Feinde die Kapelle beschossen, entstand ein Getümmel und Schreien und es versank die Kapelle im Erdboden. Später entstand an ihrer Stelle ein Sumpf und darauf ein Teich. Furchtsame meiden diese Stelle, besonders bei Nacht.

8. Bei der Kirche in Holzern versammelten sich in gefährlichen Zeiten die Kaufleute, um dann gemeinsam die Fahrt durch die von Raubrittern unsicher gemachte Wachau zu vollführen. Diese Kirche führt den Beinamen "Das Roßkircherl", weil im letzten Türkenkriege darin ein Pferd zurückgelassen wurde, das man nach dem Abzuge der Feinde verhungert auffand.

9. Bei Holzern besteht das Geldkreuz, wo ein reicher Schatz vergraben sein soll und das Franzosenkreuz, in dessen Nähe in einer alten hohlen Eiche das Gerippe und die Ausrüstung eines französischen Soldaten gefunden wurde. Er hatte bei Verfolgung in dem Baume Zuflucht gesucht und konnte dann sein Versteck nicht mehr verlassen.


Quelle: Bodenständige Volkssagen aus der Gegend von Pöchlarn, H. K. Mayer, in: Wiener Zeitschrift für Volkskunde, XLIII. Jahrgang 1938, S. 23