Der heilige Wolfgang und die Spatzen
Der heilige Wolfgang war lange Zeit in Ungarn als Glaubensbote tätig gewesen und hatte viele Heiden bekehrt. Da wanderte er wieder nach Bayern zurück und kam auf dem Heimwege durch den Wolfsteiner Graben. Am Ende desselben setzte er sich ganz ermüdet auf einem Stein nieder, um seinen Hunger zu stillen. Er hatte bloß ein Stück trockenen Brotes zu verzehren. Bei dieser kargen Mahlzeit waren eine Schar Spatzen seine ungesehenen Gäste. Gerne gab ihnen der Fromme viele Stücklein. Als er sich aber nach der Stärkung ins Gebet vertiefte und ihm die Spatzen dabei keine Ruhe gaben, sondern sogar aus seiner Tasche das Brot stahlen, da wurde St. Wolfgang so böse, daß er die kecken Vögel mit der Hand verscheuchte und ausrief: "hinaus aus dem Graben! Da herinnen darf sich kein Spatz mehr blicken lassen."
Seit dieser Zeit gibt es in dem Tale diese Vögel nicht mehr, worüber
seine Bewohner sehr froh sind, denn früher hieß es weit und
breit, daß die Wolfsteiner nur für die Spatzen arbeiten. Man
hat auch in dankbarer Erinnerung über dem Steine, wo der Heilige
gerastet, einen Bildstock errichtet, auf welchem in einem Gemälde
das Geschichtlein festgehalten ist. Jener Stein zeigt sogar die Eindrücke
von St. Wolfgangs Sitz, von seinen Armen und Füßen.
Quelle: Sagen der Wachau, Hans Plöckinger, Krems a. D. 1926, Nr. 29, S. 37