Hadmars Gefangennahme.

Als Herzog Friedrich der Streitbare, erst neunzehn Jahre alt, die Regierung antrat, erhoben sich, des Fürsten Jugend nutzend, die Adelsgeschlechter unter Führung der Kuenringischen Brüder Heinrich III. von Weitra und Hadmar IV. von Aggstein und Dürnstein, gesonnen, die landesherrliche Gewalt abzuschütteln und zugleich sich auf Kosten der verhaßten Städter, nicht minder der Kirchen und Klöster, zu bereichern.

Es waren beide gar schlimme Räuber und Mordbrenner, nannten sich die Hunde, anzeigend, daß sie gar wacker um sich zu beißen verstünden. Und haben insbesondere die Bürger von Krems und Stein sattsam empfunden, wie weh der wütenden Hunde Bisse getan, indem die mörderischen Brüder beide Städte unversehens überfallen, geplündert und in Brand gesteckt haben. So geschehen im Jahre des Herrn 1231.

Während Heinrich mehr im Waldlande oder Waldviertel wütete, unterband Hadmar den Donauhandel vollständig. Er sperrte bei Aggstein die Donau mit einer Kette, zwang jedes talfahrende Schiff, anzuhalten, befreite, zum Schaden den Hohn gesellend, die Pfeffersäcke, wie er die Kaufleute nannte, von ihrem Mammon und aller sündhaften Eitelkeit in Kleidung und Geschmeide und ließ, wenn sich's zu lohnen schien, diesen und jenen Gefangenen so lange im Verliese schmachten, bis der arg Gequälte reiches Lösegeld zusicherte.

Doch ... der Krug geht so lange zum Brunnen, bis er bricht. Die geistlichen Fürsten taten sich wider ihn zusammen und Bischof Gebhard von Passau bannte den Kirchenschänder aus aller Christen Gemeinschaft. Und der Herzog, des verruchten Treibens müde, beschloß, der Kuenringer Burgen zu brechen und die Raubgesellen mit der Weide bekannt zu machen ... eine Standeserhöhung in frischer Luft ohne Boden unter den Füßen.

Es war aber allwegs bekannt, es seien insbesondere die in die Wolken gebauten Raubnester Dürnstein und noch mehr Aggstein nicht zu nehmen, insolange Hadmar seinen Leuten gebiete und den Angriff abwehre. Den Fuchs aber zu fangen, schien bei feiner übergroßen Schlauheit fast unmöglich.

Da meinte, um seine Ansicht befragt, des Herzogs lustiger Rat: "Hoher Herr! Mit Speck fängt man Mäuse, mit Fleisch Füchse, mit schimmerndem Schatz Hadmar den, Räuber. Haben nicht, wie Herbort von Fritzlar ergötzlich berichtet, die Griechen die Feste Troja erobert, da sie ein hölzern Pferd aufstellten, gefüllt mit tapferen Mannen? Und hat nicht der Held Frute, Kaufmannschaft vortäuschend und im Schiffe gewappnete Recken bergend, dem König Hettel. die schöne Hilde gewonnen? Also laßt uns auch den. Räuber täuschen ... ich wette, der Fuchs geht in die Falle!"

Des lustigen Rates verständiger Hinweis auf die Lehren vergangener Zeiten ward für gut befunden: und in Regensburg, weit entfernt von Aggstein, auf daß die Räuber von dem gegen sie geplanten Vorhaben ja keine Ahnung haben konnten, ein Schiff gerüstet und beladen mit den kostbarsten Waren in Ballen, und Truhen. Im Schiffe aber lauerten verwegene Gesellen, ob des versprochenen hohen Lohnes zum kühnen Handstreiche willig.

Geruhig schwamm das Schiff den Strom hinab. Mochte wohl manch ein Bäuerlein, so am Gestade sein Feld betreute, dem Fahrzeuge einen Segenswunsch nachgesendet haben oder ein herzlich Bedauern, dieweil des Aggsteiners ruchlose Übeltaten männiglich? bekannt und gefürchtet waren.

Wie Aggstein in Sicht kam, ertönte vom Blashause mächtig ein Horn, dem Schiffsherrn ein gebieterisches Zeichen, daß er unverzüglich solle landen, und schon war Hadmar mit seiner Rotte zur Stelle, betrat das Schiff und ließ, was immer ihm gefallen mochte, ans Gestade schleppen. Plötzlich aber brachen des Herzogs Reisige aus ihrem Verstecke, hieben die Strolche nieder, schlugen den Raubgrafen nach kurzer Gegenwehr in Fesseln und schwammen mit der kostbaren Beute lustig die Wachau hinab und gen Wien. Des Herrn und Führers beraubt, mußte sich die Feste bald ergeben und ward geschleift, Hadmar selbst, von des Herzogs Ungnade und des Bischofs Bann schwer getroffen, starb bald darauf in einem armen Dörflein an der oberen Donau, fern der Heimat.

Quelle: Wachausagen, Erzählt und allen Freundn der goldenen Wachau gewidmet von Josef Wichner. Krems an der Donau. [1920]. S. 50- 53.
Für SAGEN.at korrekturgelesen von Lisa Lemberg, Jänner 2005.