Die Pestsäule von Kümberg

Auf dem Wege von Kürnberg nach Weistrach steht eine Pestsäule aus Granit. Wer sie wohl errichtet hat? - Die darauf eingemeißelte Jahreszahl ist nicht einwandfrei zu entziffern. Man könnte das Jahr 1351, aber ebenso 1651 ablesen. Da es aber im Mostviertel eine ganze Reihe von Pestjahren gegeben hat, soll darum nicht gefeilscht werden. Wesentlich ist, daß auch hier, wie vielerorts, einmal ein großes Sterben war.
So hat also auch in Kürnberg einst die Pest ihre grausame Ernte gehalten. Bei einer Grundaushebung in der Nähe der Kirchhofmauer wurden vor längerer Zeit einmal zirka 30 Menschenschädel entdeckt. Ein Massengrab aus dieser Zeit? Warum man wohl die Schädel allein bestattet haben könnte, ist nicht recht erfindlich. Die Alten berichten jedenfalls, daß das Sterben so groß war, daß man nur noch von überlebenden gesprochen hat. Keiner wußte damals, wie es um den Nachbar stand, ob er noch am Leben oder bereits der tückischen Seuche zum Opfer gefallen war. Die von ihr verschont geblieben waren, wagten sich ja kaum vor das Haus hinaus. Die Furcht vor dem "Schwarzen Tod" lag ihnen ja wie Blei in den Gliedern. Anderswo waren ganze Dörfer menschenleer geworden! Doch Mutige hat es, Gott sei Dank, immer gegeben. So auch hier. Den Nachbar aufzusuchen wagten sie wohl nicht, aber sie griffen zu einem Mittel, das ihnen annähernd festzustellen erlaubte, weIche Häuser in der nächsten Umgebung noch Überlebende bargen. Mit weißen Tüchern ausgerüstet, erstiegen sie die höheren Punkte ihrer Bergeshänge und schwenkten die Leintücher so lange, bis ihnen ein gleiches Zeichen zur Antwort wurde. Von mehreren Häusern blieb es aus, kam kein Lebenszeichen. Sie waren vollständig ausgestorben. (Tscholl.)

Quelle: Sagen aus dem Mostviertel, gesammelt von der Lehrerarbeitsgemeinschaft des Bezirkes Amstetten, Hrsg. Ferdinand Adl, Amstetten 1952, S. 91
Für SAGEN.at korrekturgelesen von Norbert Steinwendner, Mai 2006.
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