Wie die Marienwallfahrt in Krenstetten ihren Anfang nahm

Schon eine alte Urkunde aus dem Jahre 1116 gibt Kunde von einer kleinen Kirche in Chrebistetin. Dieses Heiligtum, damals wohl schon der Mutter Gottes geweiht, erfreute sich freilich nicht voller Selbständigkeit, sondern war der Mutterkirche in Aschbach untergeordnet. Die kleine Kirche war aber sicherlich kein Holzbau mehr, sondern ein Gotteshaus aus Stein, eine Schöpfung des romanischen Baustiles. Man wird kaum fehlgehen mit der Annahme, daß der heutige Turm in den unteren Geschossen und der angebaute niedrige Teil der Kirche noch aus jener fernen Zeit stammen.

Um die Anfänge der Marienwallfahrt rankt sich eine anmutige Sage: Die wohlhabenden Bürger von Aschbach sahen es ungern, daß in "Maria am Anger" - so hieß nämlich das Heiligtum damals - ein blühender Wallfahrtsort entstehe. Daher verfielen sie auf den Gedanken, die Statue Unserer lieben Frau nächtlicherweile in ihre Martinskirche nach Aschbach zu bringen. Und sie ließen es an Zeichen der Verehrung nicht fehlen, damit die Liebe Frau wegen des Raubes nicht zürne. Um so größer war daher ihre Enttäuschung, als sie am nächsten Tage den Platz, wo sie das Marienbild hingestellt hatten, leer fanden. Die Mutter Gottes war wieder in das geliebte Krenstetten zurückgckehrt. Beim Einzug läuteten dort die Glocken von selbst, und die Bewohner der Umgebung strömten voll Freude herbei, um ihre Patronin zu begrüßen. Die Aschbacher ließen sich freilich nicht so leicht abschrecken, sondern versuchten es noch ein zweites und drittes Mal, in den Besitz der Statue zu kommen. Doch alle Versuche mißlangen. Denn jedesmal kehrte die Mutter Gottes nach Krenstetten zurück, wo sie noch heute von frommen Pilgern aus nah und fern verehrt wird. (Nach dem Volksmunde von Dr. P. Petrus Ortmayr.)

Quelle: Sagen aus dem Mostviertel, gesammelt von der Lehrerarbeitsgemeinschaft des Bezirkes Amstetten, Hrsg. Ferdinand Adl, Amstetten 1952, S. 82
Für SAGEN.at korrekturgelesen von Norbert Steinwendner, Mai 2006.
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