Das rettende "Fürchtenbrot"

Eine große Segenskraft liegt im Bauernbrot für den, der es ehrt und achtet. So rettete einst ein Stück "Fürchtenbrot" einen jungen Burschen aus der Gewalt des Teufels und vor einer Hexe. Dieser Jüngling war als Waisenkind nach Stephanshart gekommen. Ein Bauer in der Au hatte sich seiner angenommen und der Bub war ein tüchtiger Zimmermann geworden. Als er eines Abends von der Arbeit nach Hause ging, begegnete ihm ein bleicher Mann mit stechendem Blick. Unter dem Arm trug der Fremde einen Kochtopf. Der junge Zimmermann fragte ihn: "Na, wo gehst denn du noch hin mit deinem Häfer!?" Mit unheimlicher Stimme erwiderte der Gefragte: "Hättest du deinen Brotzwickel nicht bei dir, so gehörtest du schon mir!" Sprachs ... und verschwand. Das gesegnete Brotstück, das der Zimmermann in seiner Tasche trug, rettete ihn vor dem Teufel.

Ein anderes Mal, es war wieder abends, ging der junge Zimmermann von Leitzing gegen die Sommerau hinauf, dort mußte er noch sein Werkzeug abholen. Als er zur großen Hexeneiche bei der Landgerichtsbrücke kam, sah er eine greuliche Hexe auf der Eiche sitzen und Butter rühren. Voll Zorn darüber, daß sie entdeckt worden war, sprang sie herunter und verfolgte den Zimmerer mit einem langen Messer. Mit knapper Not gelang es dem Burschen, beim Hintertürl des Erlenbauers hineinzuschlüpfen und das Türl hinter sich zuzuschlagen. Im selben Augenblick steckte schon das Hexenmesser in den Brettern des Türls. Auch diesmal trug der Zimmermann ein Stück "Fürchtenbrot" bei sich, das ihn vor der wütenden Hexe geschützt hatte. (Feigl.)

Quelle: Sagen aus dem Mostviertel, gesammelt von der Lehrerarbeitsgemeinschaft des Bezirkes Amstetten, Hrsg. Ferdinand Adl, Amstetten 1952, S. 58
Für SAGEN.at korrekturgelesen von Norbert Steinwendner, Mai 2006.
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