Die "Ellerröhre" zu Krenstetten

Der alte Wögerbauer zu Krenstetten hatte mehrere aufgeweckte Töchter. Diese beschäftigten sich nicht nur eifrig mit den Arbeiten in Haus und Hof, sondern interessierten sich auch für alles, was im Dorf und in der weiten Welt vor sich ging. Schon lange gab es ihnen viel zu denken, daß immer behauptet wurde, bei der "Ellerröhre" - wohl nach den Erlenrondeln so benannt, wie sie einst zur Entwässerung der Wiesen verwendet wurden - fließe das Wasser vom Türkenbrunnen auf dem Sonntagberg in einem armdicken Strahl heraus. Die Quelle, die unweit von Hainbuchen auf dem Abhang der Fraubaumerwiese in Krenstetten entspringt, spendet Sommer und Winter in gleicher Stärke ihr köstliches Naß. Selbst in Jahren größter Trockenheit versiegt sie nie. Um nun den Zusammenhang mit dem Türkenbrunnen einwandfrei festzustellen, steckten die obenerwähnten Wögerbauertöchter gelegentlich einer Wallfahrt auf den Sonntagberg einen Wecken in den Türkenbrunnen. Als sie von der Wallfahrt zurückkamen, hatten sie nichts Eiligeres· zu tun, als bei der "Ellerröhre" nachzusehen, ob der Wecken wirklich angekommen sei. Und siehe da, zu ihrer freudigen Überraschung konnten sie dort den Wecken wieder in Empfang nehmen.

So stellt die Volkssage den Zusammenhang zwischen den zwei alten Wallfahrtsorten des Mostviertels, dem Sonntagberg und Krenstetten, her. (Nach dem Volksmunde von Dr. P. Petrus Ortmayr.)

Quelle: Sagen aus dem Mostviertel, gesammelt von der Lehrerarbeitsgemeinschaft des Bezirkes Amstetten, Hrsg. Ferdinand Adl, Amstetten 1952, S. 81
Für SAGEN.at korrekturgelesen von Norbert Steinwendner, Mai 2006.
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