Die Füchse vom Buchetgraben

Im Buchetgraben zwischen Gimetsberg und Senftenegg war es vor vielen Jahren recht unheimlich. Der Graben diente als Viehweide. Da hieß es, wer nach dem abendlichen Gebetläuten über den Zaun stiege, dem kämen rote Füchse, die statt der Augen glühende Kohlen hätten. Der Zimmermeister Biber, ein eifriger Jäger, wollte der Sache auf den Grund kommen. Er ging zu einem weit und breit bekannten Wilderer, zu dem er sprach: "Max, wenn du nach dem Gebetläuten über den Zaun des Buchetgrabens steigst und einen Fuchs schießen kannst, dann nehmen wir dich als Jäger in unsere Runde."

Max, der weder Tod noch Teufel fürchtete, ging mit Begeisterung auf diesen Vorschlag ein. Er schulterte sein Gewehr und stieg nach dem Gebetläuten beherzt über den Zaun. Kaum hatte er einige Schritte zurückgelegt, als ihm schon ein roter Fuchs mit glühenden Kohlen in den Augen entgegenkam. Max wollte schießen, doch das Gewehr versagte. Ein zweiter Fuchs tauchte auf und wieder gab es eine Ladehemmung. Jetzt stieg Max über den Zaun zurück und legte das Gewehr an die Latten. Diesmal gingen beide Schüsse los, aber kein Fuchs war zu sehen. Max, der es mit der Religion nicht allzu genau nahm, sagte jetzt zu sich: "In Gottesnamen, ein drittes Mal, aber Jäger muß ich werden!" Auf einmal hörte er ein furchtbares Getrampel, Fauchen und Raunzen, wie wenn ein ganzes Rudel auf der Flucht wäre. Er schoß, wieder ohne Erfolg, in die Richtung des Lärmes und ging dann mit sehr gemischten Gefühlen in das Schloß Senftenegg und meinte zum Schloßherrn: "Diese Füchse müßt Ihr selbst schießen." Aber seit diesem Abend waren die unheimlichen Füchse verschwunden, dafür gab es jeden Sonntag einen Kirchenbesucher mehr. Max wurde in die Jägerrunde aufgenommen, er vergaß nie sein unheimliches Erlebnis. (Riedl.)

Quelle: Sagen aus dem Mostviertel, gesammelt von der Lehrerarbeitsgemeinschaft des Bezirkes Amstetten, Hrsg. Ferdinand Adl, Amstetten 1952, S. 20
Für SAGEN.at korrekturgelesen von Norbert Steinwendner, Mai 2006.
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