DIE SCHWEDENMESSE

Zur Zeit der Schwedennot hatten die Marchfelder viel zu leiden. Die armen Dörfler wurden gezwungen, Haus und Habe im Stich zu lassen, während ihre Häuser ein Raub der Flammen wurden. So geschah es auch im Markt Gaunersdorf, der durch seine Wohlhabenheit damals in gutem Rufe stand. Am Schwarzen Sonntag war es, da stand der ganze Ort in Brand. Die Leute hatten sich in Erdhöhlen geflüchtet oder in den Wildnissen des Junggebirges versteckt, um nicht ihr Leben zu verlieren. Sie hörten von dem entsetzlichen Jammer, allein keiner getraute sich aus seinem Verstecke hervor, weil er sich vor den Mörderhänden fürchtete. Und so griff dann der Brand ungehindert um sich, und schon stand das neuerbaute Gotteshaus, welches den Bewohnern so viel Mühen und Geld gekostet hatte, in Gefahr, von dem Feuer ergriffen zu werden, da geschah etwas Wunderbares: Vom First der alten Klostermühle erhob sich ein großer schwarzer Raubvogel, der in seinen Krallen zwei Wassereimer trug. Er ließ sich über das Gotteshaus nieder und löschte das Flugfeuer, wenn es dessen Dach berührte. Etliche von den Bauern sahen aber diese wunderbare Erscheinung, und sie betrachteten dies als Zeichen des Himmels, daß sie ihr Heiligtum schützen sollten. So munterten sie denn die Ihrigen auf, beherzt aus den Verstecken aufzubrechen und dem Feind mutig entgegenzutreten. Es geschah, und viele von der gottesräuberischen Horde wurden mit Feldgeräten getötet.

Zur ewigen Erinnerung aber an diese wunderbare Rettung des ehrwürdigen Gotteshauses wird bis heute daselbst am Tage nach dem Schwarzen Sonntag ein feierliches Amt gehalten, das die Leute die "Schwedenmesse" heißen. Die Klostermühle ist noch bis in die zwanziger Jahre des neunzehnten Jahrhunderts bei den Leuten hoch in Ehren gestanden und hat im Giebel einen mächtigen Aar in Stein gemeißelt gezeigt, der in der einen Kralle einen Wassereimer, in der anderen eine lodernde Pechfackel getragen hat.


Quelle: Hans Schuckowitz, Kriegs- und Schlachtensagen aus dem Marchfelde. - In: Zeitschrift des Vereins für Volkskunde in Berlin, Heft 4, 1899