DAS WEISSE ROSS

Es war zu jener Zeit, als die aus Ungarn kommenden Kuruzen sich gegen die Herrschaft der Habsburger erhoben und kriegerisch in unser Gebiet einfielen. Als die Kunde nach Ebenthal kam, daß sich die Kuruzen langsam dem Orte näherten, verbreitete sich Angst und Schrecken unter den Einwohnern. Man wußte, daß man den heranstürmenden Truppen nicht Einhalt würde gebieten können. Sollte es den Kuruzen gelingen, das Dorf zu erreichen, so würden alle hingemetzelt und der Ort dem Erdboden gleich gemacht werden.

Mit Entsetzen sahen die Ebenthaler, daß die Kuruzen bereits bis zur "Kannl Gschliacht'n" heranstürmten. Schon glaubten sie, alles sei verloren. Da tauchte plötzlich ein weißes Roß auf. Es war von strahlendem Glanz umgeben und seine Mähne schimmerte silbern. Den Kopf stolz in der Höhe, nur leicht den Boden berührend, fast schwebend trat es den Feinden gegenüber. Als das Pferd unerwartet hoch aufbäumte, drehten die kleinen Kuruzenpferde um und stürmten, ihre Reiter abwerfend, auf und davon. Erschrocken ergriffen nun auch die Kuruzen selbst die Flucht und versuchten keinen zweiten Angriff mehr. So blieb Ebenthal von der Vernichtung verschont.


Quelle: Andrea Böhm: Ebenthal. Heimatchronik von den Anfängen des Ortes bis heute. Ebenthal, 1999.
(nach Aufzeichnungen von Obl. Johann Böchzelt)
Von der Autorin freundlicherweise für SAGEN.at zur Verfügung gestellt.