Der Teufelsweg

Es ist noch nicht lange her, dass sich über den Rohrer Berg das Serpentinenband der neuen Straße zieht. Früher musste man über einen steilen Weg von Gutenstein nach Rohr herüber fahren. Der erste Teil, von Gutenstein bis zum Winsegger, einem Gasthof auf halber Höhe des Berges, der ging ja noch an. Aber dann !

Auf diesem letzten Stück fuhr einmal ein Rohrer Bauer mit seinem schwer beladenen Fuhrwerk heim. Er war noch nicht weit vom Winsegger, da brachten die Pferde den schweren Wagen nicht mehr von der Stelle. Der Bauer begann zu fluchen und zu schreien, denn es war schon spät am Abend. In seinem Zorn schwur er: "Dem Teufel schenk ich meine Seele, wenn er mir den Weg besser macht!" Kaum hatte er den Schwur getan, stand der Leibhaftige neben ihm. Er lachte den erschrockenen Bauern an: "Hier bin ich lieber Freund, und will
die jetzt eine Straße bauen. Bin ich bis zum ersten Hahnenschrei fertig, so gehört deine Seele mir !".
Zitternd hockte der Bauer auf seinem Wagen und wartete auf den Morgen.

Beim Winsegger arbeitete ein Schuster auf der Stör. Da er für den nächstenTag schon in einen anderen Hof bestellt war, es aber beim Winsegger noch sehr viel Schuhzeug zu flicken gab, stand er mit seinem Gesellen schon bald nach Mitternacht auf, um mit der Arbeit rechtzeitig fertig zu werden. So klopften Meister und Gesellen frisch drauf los. Davon wurde der Hahn wach. Der meinte, er hätte den Morgen versäumt und krähte sein lautes Kikeriki. Als der Teufel das hörte, fuhr er mit Feuer und Schwefel in die Hölle. Der Bauer war darüber froh, denn er hatte seine Seele behalten; und wenn der Weg auch steil war, der Teufel hatte ihn so gut geglättet, dass der Bauer mit seinem Fuhrwerk leicht den Berg hinauf kam.

Von dem Tag an hieß der Weg der Teufelsweg und mancher Fußgänger benützt ihn heute noch, wenn er vom Winsegg auf den Rohrer Berg und von dort herunter die kurvenreiche Straße abkürzen will.

Quelle: Gemeinde Rohr im Gebirge, Email-Zusendung von Herbert Schmirl, 26. März 2003