DER WERKMEISTER VON VIKTRING

Als Viktring erbaut wurde, dauerte dem Abte der äußere Verputz des Klostergebäudes zu lange, und er versprach dem italienischen Maurermeister eine Belohnung von 100 Dukaten, wenn er ihn im Laufe des Sommers vollende. Wie der Werkmeister dies erreichen wollte, davon erzähl uns die Sage folgendes:

Unfern vom Neubau stand eine Bretterhütte, in welcher die Arbeiter ihre Geräte hatten und der Werkmeister eine eigene Kammer besaß. Ständig trieb der Werkmeister an und Hunderte von Arbeitern standen auf den übereinander gebaute: Gerüsten in emsiger Arbeit; aber nur zu of drohte ein Ungewitter die Arbeiter zu vertreiben und den noch weichen Anwurf hinwegzuspülen In solchen gefahrvollen Augenblicken eilte de Werkmeister vom Gerüste herab in die Gerätehütte, verbarg sich in seiner Kammer und jedes mal verschwand nach einigen großen Tropfen, die gefallen, die drohende Wetterwolke. So blieb es immer schön, die Bauarbeit ging ungestört fort aber der arme Landmann der Umgebung, den das Gras zu Staub wurde, verzweifelte über die entsetzliche Dürre.

Das stete Verschwinden des Meisters bei einen heranziehenden Gewitter hatte den Verdacht einer Taglöhnerin erregt, die unfern der Bauhütte Mörtel bereitete. Als nun wieder ein Unwette drohte, verbarg sie sich nahe der Kammer des Werkmeisters und entdeckte nun, daß er dort ein breiartige Masse, und zwar stets nach einer Richtung, umrührte. Kaum war er weg und hatte da Unwetter vertrieben, so eilte sie in die Kamme und rührte den Brei, aber in der entgegengesetzten Richtung; das Gewitter kehrte um, entlud sich mit großer Heftigkeit und ein Blitzstrahl warf den Zauberer vom Gerüste in den Abgrund.

Franz Pehr, Kärntner Sagen. Klagenfurt 1913, 5. Auflage, Klagenfurt 1960, Nr. 7, S. 20