GESCHICHTEN VOM SIMERL

Nun noch einige Geschichten vom Simerl, wie sie mir jüngst von einer alten Glantalerin erzählt wurden, die sie selbst noch als Kind von alten Leuten gehört.

Ein bäuerliches Ehepaar unternahm einst eine Wallfahrt nach Maria-Wolschart. Im Wolschartwalde blieb die Frau einmal etwas zurück, der Bauer ging ein Stück Weges weiter. Als die Frau aber nicht nachkam, kehrte er um, konnte sie aber trotz langen Suchens nirgends finden. Da dachte er, sie sei vielleicht vom Wege abgekommen und er werde sie schon bei der Wallfahrtskirche treffen. Aber auch dort war sie nicht. Nachdem er mehrere Messen abgewartet, fragte er bei einem nahegelegenen Wirt nach, aber auch hier wußte man nichts von ihr. Im Gasthause war gerade eine Tanzunterhaltung und der Bauer sah auch auf dem Tanzboden nach. In diesem Moment sang ein Bursche gerade einen Vierzeiler:


Wenn du ka Tanzerin hast,
I will dir ane raten,
In letzten Ort Wolschartwald
Liegt ane im Schatten.


Das kam dem Bauern verdächtig vor, er bat den Wirt auf den Burschen acht zu haben und ging wieder an den Ort zurück, wo er seine Frau verlassen hatte. Endlich fand er sie, mit Reisig bedeckt, ermordet unter einem Baume liegen. Erfüllt von Schmerz und Rache eilte der Bauer nach dem Gasthause zurück, wo der Bursche dann, es war der Krapfenbacher Simerl, gefangengenommen wurde. Wie schon so oft vorher, gelang es ihm aber wieder zu entfliehen.


Vom grausamen Humor zeugt folgende Geschichte:

Eines Tages wanderte ein altes Weiblein durch den Wolschart gegen St. Veit, um Einkäufe zu besorgen. Da kam ihr ein Mann nach, der sie fragte, wohin sie gehe. Sie nannte ihr Ziel und sagte zugleich, daß sie große Angst vor dem Wege habe. Wovor denn, fragte der Mann. Vor dem Krapfenbacher Simerl, meinte sie, dem grauslichen Lotter, vor dem keiner seines Lebens und Eigentums sicher sei, und begann weidlich auf ihn zu schimpfen, zugleich ihre Freude darüber ausdrückend, daß sie nun nicht allein zu gehen brauche. Der Mann begleitete sie noch ein Stück und meinte dann, sie möge ihm aus St. Veit ein Packet Nägel mitbringen, er werde hier auf sie warten und sie wieder zurückbegleiten. Sie versprach, es zu tun, kam auch pünktlich wieder und er ging mit ihr ein Stück zurück, zog sie in den Wald hinein, überwältigte sie dort und schlug ihr sämtliche Nägel des Packetes in ihr Gesäß. Mit der Warnung, nicht mehr über ihn zu schimpfen, denn er sei der Krapfenbacher Simerl, entließ er sie dann.


So sehr seine Schandtaten auch oft zum Himmel stanken, so hatte der Simerl doch auch manchmal Anwandlungen von Mitleid mit den Armen und Bedrückten. Einst begegnete er einem Bäuerlein, das sichtlich traurig seines Weges zog. Auf die Frage, was ihm fehle, antwortete der Bauer, er sei wegen Steuerschulden zu seiner Obrigkeit zitiert; wisse aber nicht, woher er das Geld zum Zahlen hernehmen solle. Da meinte Simerl, wie viel es sei, er wolle es ihm geben. Ungläubig nannte der Bauer die Summe, er erhielt sie aber doch mit dem Bemerken, wenn er gefragt werde, wer ihm das Geld gegeben, möge er sagen, vom Krapfenbacher. Der Bauer tat, wie ihm geheißen, auf das hin sprengten Polizei und bewaffnete Bürger an den Ort, wo sie sich getroffen. Simerl aber beobachtete von einem Versteck aus, wer sich gegen ihn verschworen, und brach indessen in deren Häuser ein, wo er sich das Vielfache dessen, was er dem Bauern gegeben, wieder holte.

Quelle: Emmerich Zenegg-Scharffenstein, Krapfenbacher Simerl. Der Kärntner Räuberhauptmann. In: Freie Stimmen, Folge 186 v. 13. 12. 1931, S. 2-3.

aus: Weingand, Hans-Peter, Krapfenbäck Simerl. Leben und Sterben eines legendären Kärntner Räubers (Graz 1996)

mit freundlicher Genehmigung vom Autor für SAGEN.at zur Verfügung gestellt !