Die „Türkei“ bei Bogenfeld

Als gegen das Ende des 15. Jahrhunderts die Türken Kärnten furchtbar heimsuchten, kamen sie auch in die Gegend des Faaker Sees. Der Volksmund weiß darüber folgende Sage zu berichten:

Westlich der Ortschaft Bogenfeld zieht sich ein schmales Tal hin. Dort sollen sich einst die Türken mit einem riesigen Heereslager niedergelassen haben, und von dort aus planten sie einen Angriff auf die nahe Stadt Villach.

Aber ein schlauer Villacher Bürger war als Türke verkleidet und der fremden Sprache mächtig in das feindliche Lager eingeschlichen und hörte zufällig von der Absicht des türkischen Heerführers, der den Zeitpunkt des Angriffs durch ein Hornsignal um drei Uhr am Nachmittag festgesetzt hatte. Als er davon erfahren und alles ausgekundschaftet hatte, schlich er sich eiligst aus dem Lager und benachrichtigte davon die Ratsherren von Villach. Man wusste auch, wie die Türken als Heiden das Läuten der Kirchenglocken für eine Mahnung ihres Heidengottes nahmen und sich zur Umkehr wandten.

Der brave Kundschafter erhielt daher von den Ratsherren den Auftrag, sich unbemerkt nach Maria Gail zu begeben und in den Turm der Kirche einzuschließen. Und wirklich, am Tage des festgesetzten Angriffes auf die Stadt Villach ertönte um 3 Uhr nachmittags das feindliche Hornsignal. Als nun der Kundschafter im Turme die heranstürmenden Türken wahrnahm, da fing er an, mit allen Glocken zu läuten. Die Türken, die gerade bis nach Maria Gail gekommen waren, wurden in eine arge Panik versetzt, steckten zwar die Kirche in Brand, verließen aber in wilder Flucht das Tal und die ganze Gegend.

Dem Orte aber bei Bogenfeld blieb der Name »Türkei« erhalten, und in der Pfarrkirche von Maria Gail wird bis in die jüngste Zeit jeden Tag um drei Uhr nachmittags zum Dank für die Abwehr des Türkenangriffs auf die Stadt Villach mit den Glocken geläutet.

In dem schmalen Tälchen bei Bogenfeld, genannt »die Türkei«, steht heute noch ein Haus mit dem Vulgarnamen »Turtschitz«. An seiner Stelle soll sich das Zelt des türkischen Heerführers befunden haben.

Quelle: Tschemernjak, 1965, S. 9, zit. nach Sagen aus Kärnten, Hrsg. Leander Petzoldt, München 1993, S. 173 - 175.