Der Spuk im Spatzenviertel von Wiesen
Von einem mächtigen Gepolter werden die Bewohner dieses Viertels oft aus ihrem ruhigen Schlummer geweckt.
Eines Nachts klopfte es an das Fenster des Bürgers Eckhardt, und
draußen stand der Nachbar Koch mit dem Gewehr in der Hand, in Hemd
und Hose. Mit zitternder, aufgeregter Stimme flehte er um Hilfe. Sein
Lieblingshund, der "Lipp", sagte er, liege mit zerschmettertem
Kopfe vor seiner Tür, Eckhardt möge kommen und ihn anschauen.
Da gingen die beiden hinüber vor das Haus. Tatsächlich lag der
Hund mit offener Schädeldecke, das Gehirn ausgeronnen, auf der Türschwelle.
Keine Menschenkraft, kein Tier, meinten beide, könne das getan haben.
In dem Augenblicke hörten sie ein leises Lachen und eine schwarze
Gestalt, einen langen Schatten hinter sich werfend, glitt durch die lautlose
Nacht. Keiner traute sich in das Bett, sie blieben beisammen, bis die
Morgenglocke den Schrecken aus ihren Herzen bannte.
Quelle: Mein Heimatdörfchen Wiesen im Burgenlande, August Strobl, Neusiedl am See 1929, S. 20, zit. nach Sagen aus dem Burgenland, Hrsg. Leander Petzoldt, München 1994, S. 131.