Die Türkenhufe

Sengend und mordend durchstreiften türkische Horden das friedliche Gottscheer Ländchen. Eine Ortschaft nach der andern sank in Schutt und Trümmer, Jammer und Elend bezeichneten den Weg der grausamen Sieger. Nur das stattliche Mrauen wehrte sich verzweifelt und erst der verdoppelten Wut der Türken gelang es, die Stadt zu überwältigen. Als die Flammen aus den Dächern schossen und der Rauch wie in ungeheuren Schlangen das Tal durchzog, da sprengte ein Türkenhaufe den nahen Kirchbühel hinan, um sich an dem ersehnten Anblick zu weiden.

Mit teuflischer Bosheit lachten und spotteten sie über das Unglück der gefangenen oder niedergesäbelten Einwohner und schickten sich endlich an, die Gegend zu verlassen – da gewahrten sie, erst mit Verwunderung, dann mit Entsetzen, daß ihre Pferde wie versteinert standen und nicht durch Verwünschungen, nicht durch Hiebe vom Fleck zu bringen waren. Fluchend sprangen die Reiter ab und suchten bestürzt das Weite.

Die Eindrücke der Pferdehufe sind noch heut auf dem Felsgrunde des Stalzer „Kirchpichls“ zu sehen.

Hans Fraungruber

Quelle: Österreichisches Sagenkränzlein, Hans Fraungruber, Wien, Stuttgart, Leipzig 1911
Für SAGEN.at korrekturgelesen von Norbert Steinwendner, Dezember 2006.
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