Die Vermählung der Kinder Ludwig und
Elisabeth
Meister Klingsor hatte zu Wartburg in der Nacht,
da Elisabeth zu Ungarn geboren wurde, aus den Sternen gelesen, daß
sie dem jungen Ludwig von Thüringen vermählt werden sollte.
Im Jahr 1211 sandte der weitberühmte Landgraf Hermann herrliche Boten
von Mann und Weiben zu dem Könige in Ungarn um seine Tochter Elisabeth,
daß er sie nach Thüringen sendete, seinem Sohne zum Ehgemahl.
Fröhlich zogen die Boten zu Roß und Wagen und wurden unterwegens,
durch welche Landschaft sie kamen, herrlich bewirtet und, als sie in Ungerland
eintrafen, von dem König und der Königin lieblich empfangen.
Andreas war ein guter, sittiger Mann, aber die Königin schmückte
ihr Töchterlein mit Gold und Silber zu der Reise und entsandte sie
nach Thüringen in silberner Wiege, mit silberner Badewanne und goldnen
Ringen, auch köstlichen Decken aus Purpur und Seide, Bettgewand,
Kleinoden und allem Hausrat. Dazu viel tausend Mark Golds, bis daß
sie groß würde, begabte auch die Boten gar reichlich und ließ
dem Landgrafen sagen, daß er getrost und in Frieden lebe. Als nun
Elisabeth mit ihrer Amme in Thüringen ankam, da war sie vier Jahre
alt, und Ludwig, ihr Friedel, war elf Jahre alt. Da wurde sie höchlich
empfangen und auf die Wartburg gebracht, auch mit allem Fleiß erzogen,
bis daß die Kinder zu ihren Jahren kamen. Von dem heiligen Leben
dieser Elisabeth und den Wundern, die sie im Lande Hessen und Thüringen
zu Wartburg und Marburg verrichtet, wäre viel zu schreiben.
Kommentar: Gerstenberger
a.a.O. S. 281, 287 - 289.
Quelle: Deutsche Sagen, Jacob Grimm, Wilhelm Grimm (Brüder Grimm),
Kassel 1816/18, Nr. 557