König Och

Der Riesenkönig hatte Zahnschmerzen. Einer seiner Backenzähne war hohl, darin saß der Schmerz. Und nichts war dagegen zu machen, denn Zahnärzte gab es damals noch nicht. In seiner Not riß der Riese einen Baum aus. Eine hohe, gerade Kiefer war es, von denen viele dort standen. Er schälte den Stamm, spitzte ihn mit seinem Riesentaschenmesser an und stocherte dann damit im hohlen Zahn. Eine ganze Weile. Plötzlich ließ der Schmerz nach. Ein Stein hatte im Zahn gesessen. Mit dem Schwarzbrot mußte er hineingekommen sein. Jetzt kullerte er auf die Erde. Da lag er im Sand! Der Riesenkönig besah ihn. Ja, nun wußte er, wer ihm die Zahnschmer-zen gemacht hatte! "Och!" - sagte er, ganz erleichtert, befreit von Schmerzen, nur "Och!"
Dies hat mir mein Großvater erzählt. Die Geschichte muß wahr sein, denn der Stein liegt jetzt noch da. Der Riesenkönig ist längst gestorben, aber den Stein könnt ihr euch ansehen, wenn ihr in unsere Gegend kommt. Nahe beim Bahnhof Ahlhorn, an der Straße nach Oldenburg, bei Kilometer 27, da liegt er im Graben. Mehr als halb ist er in den vielen tausend Jahren seitdem in der Erde versunken, aber fast 2 Meter gucken noch heraus. "König Och" nennen wir ihn hier, den dicken Stein. Ihr könnt an ihm ermessen, wie groß die Riesen wohl gewesen sein mögen.

Quelle: Will-Erich Peuckert: Niedersächsische Sagen, Göttingen 1968, Bd. IV, S. 238, N. 2518.
Die Sagen der Lüneburger Heide wurden von Etta Bengen gesammelt und für SAGEN.at zur Verfügung gestellt.
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