DIE SAGE VON DER HÖLLSCHLUCHT UND DEM HÖLLBACH

Ein Bauer aus dem Bayerischen Walde fuhr vor vielen Jahren zur Schranne nach Deggendorf. Er hatte sein Getreide bald gut verkauft und so machte er sich einen guten Tag, trank aber mehr als er hätte trinken sollen. In berauschtem Zustand fuhr er abends wieder heim. Dort wo der Altbach aus der Schlucht braust, wollten die Pferde nicht mehr weiter. Er fluchte und hieb auf die Pferde ein; aber es half nicht. »Was mag da los sein?« dachte der Bauer; es dünkte ihm nicht recht geheuer und mit der einen Hand zog er den Janker über den Geldgurt vorne zusammen, mit der anderen langte er nach seinem Griffesten. Mit merklich zitternder Stimme rief er nun durch die Nacht - mittlerweile waren schon die Sterne am Himmel aufgezogen: »Wer is da?« Horch! ».. . is da?« klang geisterhaft das Echo zurück. Was aber ist das? Mit greulichem Basse ruft es aus dem Gebüsch: »Die Nacht ist mein, der Tag ist Dein!« »Das ist der Teufel!« sagte sich der Bauer; doch nahm er sich noch das Herz zu erwidern: »Sand Jesus, Maria und Joseph a bei da Nacht groast!« Da entstand ein Sausen und Krachen und unter fürchterlichem Gestank fuhr der Teufel durch die Schlucht hinauf und zur Hölle. Seit jener Zeit nun nennt man diese Schlucht die Hölle oder Höllschlucht und den Bach Höllbach.

Michael Waltinger, Niederbayerische Sagen