VON DEN DRACHEN

In alten Sagen und Märchen wird auch von feuerspeienden Drachen erzählt. In unseren Gegenden hat sich die Erinnerung an diese fürchterlichen Ungetüme meist nur mehr in dem Schimpfwort »Drack« erhalten. »Du Drack!« sagt z.B. der Knecht zum Stallbuben, weil derselbe ihm einen Schabernack gespielt, indem er ihm Brennessel ins Bett gelegt hat und »Schauts den Drackn o!« sagt der Geselle, weil ihm der Lehrling die letzte Zigarette gestibitzt und geraucht hat. Dann kennen wir noch den Papierdrachen, als beliebtes Knabenspielzeug und die Drachen in den Witzblättern, als Charakterbezeichnung für böse, xantippenhafte Weiber.

Aber es leben heute noch Leute, die ganz ernsthaft erklären, daß ihre Großeltern und Eltern häufig von leibhaftigen Drachen, die sie mit eigenen Augen gesehen, erzählt haben. Ja, eine Frau berichtet uns: »Es war vor 40 Jahren - ich war damals 6 Jahre alt da saß ich eines Abends auf dem Tische und sah zum Fenster hinaus. Plötzlich erhellte sich das Firmament und gleich darauf flog etwas wie ein feuriger Wiesbaum *), dessen vorderer Teil jedoch ganz schwarz war, über das Dorf **) und überquerte bei unserem Hause die Straße. Die Mutter, die das Ding ebenfalls beobachtete, rief. »Da schauts außi! Da fliagt ebbs!« und schon war es im Kamin des Nachbarn verschwunden. In jenem Anwesen vernahm man nur ein kurzes Gepolter und dann war es wieder ruhig!«

In Fahrnbach bei Bischofsmais wurde der Drache während des Flachsbrechens mehrmals nach 11 Uhr nachts wahrgenommen. Da ist derselbe auch wie ein brennender Wiesbaum mit einem schwarzen, kugelförmigen Kopf dahergesaust gekommen und immer über den Wald hin verschwunden.

Auch in Greising hat sich der Drache oft gezeigt. Zum letzten Male sah man ihn, als das Schulhaus abgebrannt ist. ***)

In Viechtach erzählt man, daß der Teufel als Wiesbaum dahergeflogen und in einem Kamin verschwunden sei.

*) Wischbaum sagt das Landvolk.

**) Abtschlag bei Kirchdorf v.W.

***) Um das Jahr 1904.

Michael Waltinger, Niederbayerische Sagen