VOM WELTKRIEG
Bei Zwiesel hütete einmal ein Mädchen die Kühe. Da sah es ein Männlein quer durch das frisch aufgegangene Korn gehen und dachte bei sich, daß das doch eine Sünde wäre und der Knirps sich einen besseren Weg hätte aussuchen sollen. Kaum gedacht, drehte sich der Zwerg um, ging geradewegs auf das Mädchen zu und sagte, als ob es allwissend wäre: "gelt, das ist Dir nicht recht, daß ich übers Feld gehe; aber schaden tut's auch nicht viel: ich habe heut' noch einen weiten Weg zu machen und wichtige Nachrichten zu überbringen. Wenn ich sie Dir mitteilen würde, würdest Du erschrecken. Merke Dir's: den Weg, den ich eben gegangen, werden noch viele gehen! Du erlebst es zwar nicht mehr und Deine Kinder auch nicht; aber Deine Kindeskinder werden dabei sein. Es wird eine Zeit kommen, da werden die Leute alles liegen und stehen lassen und davon laufen und wer drei Brotlaib unterm Arm hat und einen verliert, der kehrt nimmer darum um. Und ein schreckliches Blitzen und Donnern wird es geben und der Erdboden wird sich mit Menschenblut ansaugen. Geh heim und sage das! Sage den Leuten, sie sollen es auch den Jungen mitteilen und die können es wieder den Ihrigen erzählen. Wenn jene schlimme Zeit kommt, dann sollen alle den Weg gehen, wie ich ihn gegangen. Sie sollen geradeaus dem Böhmerwalde zulaufen, sonst ist es gefehlt; dort passiert ihnen nichts."
Michael Waltinger, Niederbayerische Sagen