DIE KAPELLE ZU RECKENDORF

Dem Bauern Kufner von Reckendorf (Gde. Winzer, Bezirksamt Deggendorf) wurde eines Tages beim Holzfällen ein Fuß abgeschlagen. Woche um Woche verging und der Fuß wollte nicht heilen. Da versprach Kufner, eine Kapelle zu erbauen, wenn er wieder gehen könne. Wunderbarerweise dauerte es jetzt kaum mehr vierzehn Tage und er konnte wieder über Stock und Stein traben wie vorher; er vergaß aber völlig auf sein gegebenes Versprechen. Als er zum Sterben kam, erinnerte er sich daran und befahl seinem Sohne, die Kapelle alsbald zu errichten. Es verfloß aber wieder Jahr um Jahr, ohne daß das Versprechen eingelöst worden wäre. Da ging der junge Kufner an einem Allerseelentage abends nach dem Gebetläuten von Reckenberg, wo er Brechleute *) bestellt hatte, heimwärts und gewahrte mitten im Walde trotz des dichten Gehölzes einen Baumstamm vor sich hinrollen. Zu Hause angekommen, wurde er krank und starb. In den letzten Zügen liegend bat er noch seine Frau, die Kapelle zu erbauen, was diese auch ausführte.

*) Leute zum Flachsbrechen.

Michael Waltinger, Niederbayerische Sagen