HANDLAB

In der Pfarrei Iggensbach befindet sich auf einem mäßig hohen Bergrücken von Linden umschattet die Wallfahrtskirche Handlab.

Über ihre Entstehung wird folgende Sage berichtet:

Ein frommer Hirte hatte in einer hohlen Eiche mitten in dem Walde, der zur Burg Engelsberg gehörte, das Bild Mariens angebracht und verrichtete dort täglich sein Gebet. Die Schloßherrin von Engelsberg kam auch oft in diese Gegend, die von der Natur besonders bevorzugt war und als sie das Bildnis Mariens erblickte, kniete sie sogleich nieder, um der Gottesmutter ihr Leid zu klagen: der Graf zu Engelsberg war nämlich ein roher Geselle. Er kannte nur Trunk, Spiel und Jagd. Nüchtern war er fast nur, wenn er krank war und das war er äußerst selten. Sie kam nun wöchentlich mehrmals hieher und da schickte es sich wohl manchmal, daß auch der Hirte gerade an der Eiche kniete, wenn die Gräfin erschien. Ein Knappe, der gleich bösen Sinnes wie sein Gebieter war, hatte sie einmal beobachtet. Er schlich darauf zum Grafen und erregte dessen Eifersucht. Der Graf eilte hinaus in den Wald, hin zur Eiche mit dem Bilde.

In hehrer Andacht versunken knieten Gräfin und Hirte nebeneinander. In sinnloser Wut stürzte sich der Graf mit gezücktem Schwerte auf die Gräfin und schlug ihr die Hand ab, die sie zur Abwehr ausgestreckt hatte. Die mißhandelte Frau hob den blutenden Stumpf zum Himmel. Da war plötzlich die Hand wieder angeheilt; nur ein roter Streifen, der sich um das Handgelenk zog, blieb zurück. Darauf erkannte der Graf, daß er seiner Frau doppelt unrecht getan hatte. Er bat sie um Verzeihung und wurde von dieser Stunde an ein guter Hausvater. Die alte, hohle Eiche ließ er fällen; dafür erbaute er an der Wunderstätte ein Kirchlein, welches vom Volke Handlab genannt wurde und wird.

Michael Waltinger, Niederbayerische Sagen