'S GHACHLET

Unterhalb Vilshofen war bis in die neueste Zeit die Donau durch eine Menge von Felsblöcken, die teils über den Wasserspiegel hervorragten, teils unter demselben verborgen waren, schwer befahrbar. Der unkundige Schiffer konnte sein Fahrzeug leicht leck fahren, wenn es ihm nicht gar zerschellte.

Das Ghachlet 1) heißt hier die Donau mit dem Gewirr von Felstrümmern.

Als die deutschen Kreuzfahrer ins Heilige Land zogen um die geweihten Stätten den Ungläubigen wieder zu entreißen, da war der Teufel gar sehr erbost und schon als die ersten vollbesetzten Schiffe die Donau herabtrieben, stand er, einen ungeheueren Felsblock in den Krallen, auf der Lauer. Mit Mann und Maus sollten die Schiffe untergehen. Aber als er sich dem Ufer des Stromes näherte, da schimmerte ihm bereits aus der Ferne tausendfach jenes Zeichen entgegen, das er so fürchtet und haßt: das Zeichen des Kreuzes. Die Ritter trugen es an ihren Mänteln und statt des Schwertknaufs und die Priester, die den Zug begleiteten, hielten es in den Händen.

Noch ehe die Schiffe in erreichbarer Nähe sich befanden warf der Teufel voll Ingrimm den Felsen in die Wellen, daß er in tausend Trümmer zersprang. Die Donau schäumte hoch auf; aber die Schiffe glitten unbeschädigt durch die Klippen.

1) »A recht's Ghachlat!« sagt die Mutter, wenn ihr die Katze über das Strickzeug kommt und es verwirrt; sie meint also: »A rechta Durchananda!« und das dürfte auch die Bedeutung des Wortes »Ghachlet« sein. »Kachlet« ist offenbar ebenso zu unrecht eingeführt wie z. Z. »Etwashausen« für das schwäbische Ebbashausen.

Michael Waltinger, Niederbayerische Sagen