SAGE VOM GEIßBERG BEI ARNSTORF

Im Osten von Arnstorf erhebt sich der Geißberg, ein ziemlich steil ansteigender Höhenrücken. In seinem Fuße schlängelt das Steinbächlein dem Markte zu und bildet ein reizend enges Tal. In diesem Tale steht etwa 5 Minuten von Arnstorf entfernt ein Kirchlein, genannt "Maria Schnee" und daneben ein paar Häuser, die Ortschaft Schlehburg.

Hier heraußen hauste dereinst ein Einsiedler und weil in Arnstorf noch keine Schulen waren, kamen zu ihm die Kinder des Marktes und lernten da lesen und schreiben. Ihr Schulweg führte sie am Fuße des Geißberges entlang.

Nun ist dieser Geißberg einer jener wundersamen Berge, die im Innern hohl sind und große Schätze von Gold und Edelsteinen enthalten. Diese Reichtümer werden von Erdmännlein bewacht. Alle hundert Jahre tut sich der Berg auf und glückliche Menschen können die Herrlichkeiten beschauen und manche kehrten schon reich beschenkt zurück.

Schlecht aber erging es den Arnstorfer Kindern. Sie wußten um das Geheimnis des Berges und die Buben waren halt auch damals schon frech und vorlaut. Sie schrien immer: "Männlein, komm raus! Männlein komm raus!" Einmal nun tat sich plötzlich der Berg auf. Die Kinder standen wie angewurzelt vor einem großen, weiten Tor. Unter dem Tore stand ein Männlein mit langem, weißem Barte und winkte freundlich, ihm zu folgen. Schüchtern gingen die Kinder dem Zwerglein nach; aber die Helle und der Glanz, die aus dem Innern schimmerten, zogen sie unwiderstehlich an. Das Männlein öffnete ihnen die vielen Truhen mit den Reichtümern und Schätzen und sie durften einstecken und mitnehmen, was sie wollten. Die Kinder griffen fest zu; aber sie wurden nicht satt; sie fanden immer wieder Schöneres und wurden so gar nicht fertig. Als sie endlich mit ihrem Reichtum heimwollten, war das Tor schon wieder verschlossen. Seitdem hat man von den Kindern nichts mehr gehört und gesehen.

L. Weiher

Michael Waltinger, Niederbayerische Sagen