EINE SCHATZGRÄBERSAGE

Beim Ulmer in Gehrannsberg lag ein Schatz vergraben. Der Alte sah eines Nachts im Traume genau die Stelle im Obstgarten hinter dem Hause, unter welcher der Schatz ruhte. Weil das günstige Geschick einen so untrüglichen Wink gab, wurde denn alsbald zu graben begonnen. Schon war der unermeßliche Reichtum bloßgelegt. Doch mit des Geschickes Mächten ist kein ewiger Bund zu flechten. Das gleißende Gold verblendete die Finder. Im Übermaß ihrer Freude vergaben sie die alte Regel, wonach beim Schatzgraben unbedingtes Stillschweigen zu beobachten ist und sie fingen an zu reden. Kaum aber waren die ersten Worte den unbesonnenen Lippen entschlüpft, so ward alles Gold zu rabenschwarzer Kohle und mit dem Glück war es für immer aus.

Michael Waltinger, Niederbayerische Sagen